Deutschlands Energiewende versprach sauberen und kostengünstigen Strom sowie ein „Jobwunder“. Doch die Realität sieht anders aus. Die Nachfrage nach Elektroautos und Wärmepumpen sinkt dramatisch, während Verbrenner-Pkw und Ölheizungen wieder an Beliebtheit gewinnen (welt: 30.06.24).
Drastischer Rückgang bei E-Autos und Wärmepumpen: Deutsche setzen wieder auf Verbrenner und Ölheizungen
Der Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes berichtet von einem Rückgang der Bestellungen von Elektroautos um 47 Prozent im ersten Halbjahr 2024. Noch dramatischer zeigt sich die Lage bei Wärmepumpen, deren Verkäufe laut dem Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie um 54 Prozent zurückgingen. Dagegen steigt die Nachfrage nach herkömmlichen Verbrennungsmotoren und Ölheizungen.
Das Ende des Ökostrom-Mythos? Energiewende verspricht teurere Strompreise und keine Jobwunder
Die „all electric society“ galt lange als Ziel der Energiewende. Seit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz versprach die Lobby immer wieder saubere und billige Energie. Ein „Jobwunder“ inklusive. 2017 versprach Patrick Graichen im WELT-Gespräch: „Die Erntejahre der Energiewende sind jetzt in Sicht.“ Fossile Energien würden bald unbezahlbar, während Ökostrom immer billiger werde. Alternativen wie Wasserstoff und Biogas wurden marginalisiert, regulatorisch verhindert und politisch ausgebremst.
Jedoch kippt das lang gepflegte Narrativ zunehmend. McKinsey prognostiziert für 2035 Endkundenpreise von 49 Cent pro Kilowattstunde Strom. Diese Preise sind höher als heute und beeinflussen die Betriebskosten von Wärmepumpen und Elektroautos negativ. Zudem führt der zunehmende Überschuss an Strom aus erneuerbaren Energien zu Negativpreisen an der Strombörse, was die Gesamtkosten weiter erhöht, da Betreiber von Kraftwerken für die Abnahme des überschüssigen Stroms bezahlen müssen. Die Medien vermelden zwar immer wieder von Rekordstrommengen, die durch Ökostromanlagen erzeugt wurden, jedoch nie über den dabei erzeugten überschüssigen Strom.
Thüga-Chef warnt: Energiewende-Traum bröckelt
Constantin H. Alsheimer, Vorsitzender des Vorstands der Thüga Aktiengesellschaft, kommentiert: „Die vermeintlichen Gewissheiten älterer Prognosen sind mittlerweile brüchig.“ Der erforderliche Netzausbau verursacht höhere Stromnetzentgelte und steigende Haushaltsstrompreise.
Die Thüga, gegründet vor 160 Jahren und an rund 100 kommunalen Unternehmen beteiligt, erlebt die Probleme der Energiewende hautnah. Während Elektrifizierungs-Anhänger wie Graichen den „Rückbau der Gasnetze“ forderten, erkennen neuere Studien das Potenzial von klimaneutralem Wasserstoff.
Alsheimer erklärt: „Die Annahme, dass Wasserstoff knapp und extrem teuer ist, könnte der Erkenntnis weichen, dass er preislich moderater ist.“ Studien prognostizieren für 2035 Erzeugungskosten von 7 bis 11 Cent pro Kilowattstunde Wasserstoff. Kundenpreise von 13 bis 17 Cent pro Kilowattstunde seien denkbar. Dies liegt etwas über der 2022 von der Bundesregierung gesetzten Gaspreisbremse von zwölf Cent pro Kilowattstunde.
Grüne Brennstoffe statt Wärmepumpen: Ist die Energiewende auf dem falschen Kurs?
Grüne Brennstoffe wie Biomethan, eMethan oder Wasserstoff könnten die Gas-Infrastruktur weiterhin nützlich machen und zur Dekarbonisierung beitragen. Moderne Gas-Brennwertheizungen könnten als Übergangstechnologie dienen. Der politische Fokus auf Wärmepumpen scheint hingegen verfehlt.
Alsheimer erläutert: „Unter der Annahme, dass eine Wärmepumpe aus einem Teil Strom drei Teile Wärme erzeugt, sind wasserstoffbasierte Heizungslösungen im Direktvergleich konkurrenzfähig. Ihre Anschaffungspreise sind signifikant niedriger.“ Nah- und Fernwärmelösungen sowie Heizungen auf Basis von Biomasse befinden sich in einem vergleichbaren Preisband.
Niedrige Kosten sind entscheidend für die Akzeptanz der Energiewende und die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Alsheimer warnt: „Welche technologischen Lösungen bei der Energiewende zum Einsatz kommen, sollte nicht durch staatliche Proklamation vorweggenommen, sondern vor Ort individuell geklärt werden.“ Energiepreise müssen im Zusammenhang mit den systemischen Folgekosten, staatlich induzierten Preisbestandteilen sowie den Investitions- und Betriebskosten betrachtet werden.
Diese Erkenntnisse könnten helfen, die Ursachen des Käuferstreiks bei Elektroautos und Wärmepumpen zu verstehen und die zukünftige Ausrichtung der Energiewende zu gestalten.
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