Donald Trumps neue Zollpolitik trifft die exportabhängige deutsche Wirtschaft in einer schwierigen Phase. Die Ausfuhren sinken seit zwei Jahren, und bereits im Januar kam es zu einem deutlichen Rückgang. Die nächste Statistik dürfte kaum freundlicher ausfallen. In dieser Lage beklagen deutsche Spitzenpolitiker lautstark die protektionistische Wende in den USA – und stellen sich als Verteidiger des Freihandels dar. Doch der Auftritt wirkt heuchlerisch (nzz: 07.04.25).
Zwischen Pathos und blockiertem Freihandel
Olaf Scholz sprach im Zusammenhang mit Trumps Zöllen von einem „Anschlag auf die Weltwirtschaft“ – eine Formulierung, die den US-Präsidenten auf eine Stufe mit radikalen Gewalttätern stellt. Wirtschaftsminister Robert Habeck ging noch weiter. Die Entscheidung aus Washington sei „durchaus vergleichbar“ mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine. Wer wirtschaftspolitische Maßnahmen und kriegerische Gewalt in einen Topf wirft, offenbart mehr über sich selbst als über die eigentliche Sachlage.

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Diese Wortwahl zeugt von einem Maßverlust in der politischen Debatte. Sie lenkt den Blick auf ein altes Problem: die selektive Empörung deutscher Politik. Ausgerechnet jene Parteien, die jetzt lautstark gegen Trumps Protektionismus auftreten, hatten über Jahre hinweg selbst jede Chance auf geregelten Freihandel mit den USA torpediert.
Chlorhühnchen statt Handelslogik
Die Sozialdemokraten und Grünen positionierten sich lange Zeit klar gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Die Debatte wurde dominiert von Horrorszenarien über vermeintlich giftige US-Lebensmittel – das Stichwort „Chlorhühnchen“ steht sinnbildlich für diese Strategie. Fakten spielten dabei eine untergeordnete Rolle. Auch Robert Habeck lehnte eine Neuauflage der TTIP-Gespräche strikt ab – noch bevor Trump neue Strafzölle ins Spiel brachte.
Doch damit nicht genug: Auch das Mercosur-Abkommen mit Lateinamerika und das Handelsabkommen CETA mit Kanada gerieten ins Visier der handelsskeptischen Kräfte. Misstrauen bestimmte den Ton. Unterstützung kam erst, als das Bundesverfassungsgericht klare Vorgaben machte. Aus freien Stücken geschah wenig. Der politische Reflex gegen internationale Handelsverträge dominierte das Handeln – aus ideologischer wie auch aus taktischer Motivation.
Moral trifft auf ökonomischen Schaden
Trumps Maßnahmen lassen sich kaum verteidigen. Doch die deutsche Haltung überzeugt ebenfalls nicht. Denn nicht nur in Washington spielt der politische Nutzen eine größere Rolle als wirtschaftliche Vernunft. Auch in Berlin orientiert sich die Handelspolitik am jeweiligen Zeitgeist. Mal dient der Widerstand gegen die USA als Ausdruck vermeintlicher Prinzipientreue, mal wird der Freihandel pathetisch beschworen.
Diese Doppelmoral hat Konsequenzen. Während Politiker auf beiden Seiten des Atlantiks mit starken Worten um sich werfen, kämpfen Unternehmen mit realen Nachteilen. Höhere Zölle, unsichere Perspektiven und verpasste Chancen belasten die Bilanz. Am Ende trifft es nicht nur Konzerne – sondern auch Bürger, die steigende Preise und sinkende Investitionen spüren.
Verpasste Chancen durch Freihandelsblockade
Die aktuelle Entwicklung zeigt einmal mehr: Handelshemmnisse entstehen nicht im luftleeren Raum. Populismus kennt viele Gesichter, auch im Gewand moralischer Überlegenheit. Wer jahrelang partnerschaftlichen Freihandel blockiert und später über protektionistische Maßnahmen klagt, verliert an Glaubwürdigkeit. Politische Inszenierungen ersetzen keine verlässliche Strategie.
Das deutsch-amerikanische Verhältnis leidet unter dieser widersprüchlichen Haltung. Anstatt Brücken zu bauen, dominiert der Reflex auf kurzfristige Schlagzeilen. Wirtschaftspolitik verkommt zum Instrument innenpolitischer Profilierung. So entsteht ein gefährliches Spiel – dessen Verlierer längst feststehen.
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