Deutschland sieht sich als Vorreiter beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Andere Länder sollen sich an der deutschen Energiewende orientieren und Deutschland soll dabei mit der Entwicklung neuer Technologie Weltmarktführer werden. So sieht es zumindest nach den Vorstellungen der Ampelregierung aus. Die Realität sieht allerdings ernüchternd aus, wie jetzt eine aktuelle Studie bescheinigt. Mehrere andere europäische Staaten sind bei der Energiewende längst an Deutschland vorbeigezogen (ntv: 30.11.22).
Deutschland kommt beim Ausbau erneuerbarer Energien nicht so schnell voran als andere europäische Länder
Trotz ambitionierter Ziele kommt der Umbau des deutschen Strommarktes nicht so schnell voran wie in mehreren anderen europäischen Ländern. Das ergibt sich aus einer Studie der britischen Association for Renewable Energy and Clean Technology (REA) zusammen mit dem Energiemanagementunternehmen Eaton. In der Studie wurden die Rahmenbedingungen für die Energiewende in 13 europäischen Ländern verglichen und bewertet. Zwar hält Deutschland seine Bewertung vom Vorjahr, rutscht aber dennoch auf den letzten Platz ab, da sich viele andere Länder innerhalb des letzten Jahres drastisch verbessert haben.
Deutschland im Ranking von mehreren anderen Ländern überholt
Der Energy Transition Readiness Index vergleicht und bewertet die verschiedenen Länder bezüglich der gesellschaftlichen Unterstützung für die Energiewende und ihre Fähigkeit, neue Technologien und Geschäftsmodelle zu nutzen. Außerdem wird bewertet, wie flexibel der jeweilige Markt auf die Energiewende reagiert. Deutschland erreicht auf einer Bewertungsskala von eins bis fünf den Wert 3. Dieser Wert wird auch von Irland, Italien, Polen, Spanien, die Schweiz und Großbritannien erreicht. Dänemark, Frankreich, die Niederlande, Norwegen und Schweden erreichen mittlerweile bereits den Wert 4 und Finnland sogar den höchsten Wert 5.
Politische Entscheidungen und Reglementierungen bremsen den Ausbau
Diese Länder hätten bezüglich der Emissionsreduktion ebenfalls ambitionierte Ziele. Allerdings seien die Märkte in diesen Ländern wesentlich flexibler. Der Zugang zu neuen Technologien sei dort besser und transparenter, sodass Unternehmen in diese Technologien investierten. In schlechter bewerteten Ländern bestünden dagegen Investitionshindernisse, die auf politische Entscheidungen und zahlreiche Reglementierungen zurückzuführen seien.
In Deutschland gelinge die Umsetzung der Energiewende aufgrund politischer Entscheidungen und regulatorischer Vorgaben im Vergleich zu besser bewerteten Staaten viel langsamer. Insbesondere würde die politische Entscheidungsfindung vielfältigen lokalen politischen Interessen unterliegen und mehr Zeit in Anspruch nehmen als in anderen Ländern. Dazu fehle es in Deutschland auch an Ressourcen, um die Flexibilität des Strommarkts zu erhöhen.
Ausbau erneuerbarer Energien stagniert – Ziele kaum erreichbar
Unter den untersuchten Ländern sei Deutschland der größte Strommarkt. Deshalb könnten Länder wie Norwegen oder die Schweiz ihren Bedarf durch erneuerbare Energien prozentual besser abdecken. Der Anteil erneuerbarer Energien lag beim deutschen Stromverbrauch im Jahr 2021 bei 41 Prozent. Die Ampelregierung will den Anteil bis zum Jahr 2030 auf mindestens 80 Prozent steigern. Allerdings stagniert der Ausbau mittlerweile auf niedrigem Niveau. Bei der aktuell hohen Inflation finden sich kaum Geldgeber, die in entsprechende Projekte investieren wollen.
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