Die deutsche Regierung hat angekündigt, ihre Rohstoffstrategie zu überarbeiten. Mit einer neuen Rohstoffstrategie will sie die Abhängigkeiten und Engpässe bei der Versorgung, insbesondere für die erneuerbaren Energien, reduzieren (eractiv: 04.01.23).
Bundesregierung prüft Verringerung der Abhängigkeit von wichtigen Rohstoffen
Die Bundesregierung prüft momentan, wie man Abhängigkeiten von wichtigen Rohstoffen wie Lithium, seltenen Erden und Graphit verringern kann. Diese Rohstoffe werden in den kommenden Jahren vermutlich stark nachgefragt werden. Zum Beispiel schätzt die Internationale Energieagentur, dass die Nachfrage nach Lithium, einem wichtigen Teil von Batterien, bis 2040 voraussichtlich um das 42-fache steigen wird. Der Krieg in der Ukraine hat gezeigt, wie es gefährlich ist, zu sehr von einem einzigen Energielieferanten abhängig zu sein.
Vermeidung von Versorgungsrisiken durch neue Strategie
Die neue Strategie hat das Ziel, mögliche Probleme bei der Versorgung von Produkten zu vermeiden, die durch eine steigende Nachfrage entstehen könnten. Wenn das Angebot nicht mehr mit der Nachfrage übereinstimmt, kann dies zu höheren Preisen für Zwischen- und Endprodukte führen oder sogar zu kompletten Lieferausfällen.
Kritiker finden, dass die deutsche Rohstoffstrategie von 2020 zu passiv und zu wenig ambitioniert ist. Die letzte Strategie setzte darauf, dass Unternehmen vorsichtig handeln und unterstützte nur, wenn sie sich um die Sicherung ihrer Lieferketten bemühten. Der überarbeitete Plan soll jedoch angesichts der schwierigen geopolitischen Lage und der besonderen Marktsituation für diese Rohstoffe eine offensivere Haltung einnehmen.
Deutschland abhängig von ausländischen Rohstoffimporten
Deutschland und der Rest der EU sind derzeit sehr abhängig von Importen von kritischen Rohstoffen wie Lithium, Roherden oder Graphit aus nicht-demokratischen Ländern. Im September 2022 schlug die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Gesetz vor, das die Widerstandsfähigkeit der Lieferketten erhöhen und die Abhängigkeit von solchen Rohstoffen verringern soll. Allerdings liegen die meisten Kompetenzen im Bergbau bei den Mitgliedstaaten, also sind auch nationale Maßnahmen erforderlich. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ist Deutschland bei 21 von 27 als kritisch eingestuften Rohstoffen zu 100 Prozent von ausländischen Lieferanten abhängig. Um diese Abhängigkeiten zu verringern, hat die Bundesregierung drei wichtige Handlungsfelder vorgestellt, die sie in der überarbeiteten Rohstoffstrategie verwenden will.
Deutschland plant Diversifizierung und mehr heimischen Abbau von Rohstoffen
Deutschland setzt zur Reduzierung der Abhängigkeit von ausländischen Rohstoffimporten auf zwei Maßnahmen: Erstens will man die Kreislaufwirtschaft und das Recycling dieser Rohstoffe fördern und die Ressourceneffizienz erhöhen. Aktuell werden in Deutschland nur etwa 13,4 % der Materialien recycelt, aber die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, diese Zahl bis 2030 zu verdoppeln – ein Vorschlag, den auch die Bundesregierung unterstützt. Da Recycling jedoch erst am Ende des Lebenszyklus von Produkten möglich ist und somit der Anstieg der Nachfrage nicht schnell genug gedeckt werden kann, will Deutschland zweitens auch seine Lieferketten diversifizieren und mehr Rohstoffe im eigenen Land abbauen. Um den Abbau kritischer Rohstoffe in Deutschland zu fördern, plant die Regierung eine Überarbeitung des Bundesberggesetzes, um den heimischen Abbau von Rohstoffen zu erleichtern und hohe ökologische Standards zu gewährleisten.
Deutschland plant Diversifizierung von Rohstofflieferländern und ESG-Standards
Deutschland will in der neuen Strategie zwar mehr Rohstoffe im eigenen Land abbauen, aber dieser Ansatz sollte nur ergänzend sein. Laut einem Eckpunktepapier sollte der heimische Abbau nur Vorrang haben, wenn er zu „besseren Umwelt- und Sozialstandards führt und die Widerstandsfähigkeit der Lieferketten stärkt“. Deutschland wird zwar weiterhin auf Rohstoffimporte angewiesen sein, will aber die Zahl der Länder, aus denen sie diese Materialien bezieht, diversifizieren. Um nicht zu sehr von einem einzelnen Lieferland wie China abhängig zu sein, will Deutschland strategische Partnerschaften mit Ländern wie Chile, Australien und Kanada anstreben. Die Importe von kritischen Rohstoffen aus bestimmten Ländern hängen allerdings auch von der Einhaltung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards (ESG) ab. Um diese Diversifizierung zu ermöglichen, müssen sich aber auch andere internationale Akteure an diese Standards halten. Deshalb will sich die Bundesregierung für gemeinsame ESG-Standards mit anderen Ländern, zum Beispiel im Rahmen der OECD, einsetzen.
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