Deutsche Konzerne investieren zunehmend nicht mehr in Europa. Nachdem BASF seine Produktionsanlagen in Deutschland zum Teil stillgelegt hat und Rekordsummen in neue Werke in China investiert (Blackout-News: 23.02.23), hat jetzt auch Volkswagen seinen Plan aufgegeben, ein neues Werk für Elektroautos in Deutschland zu bauen. Stattdessen errichtet das Unternehmen in China neue Fabriken (Focus: 06.03.23).
Deutsche Unternehmen verlagern Produktion nach China
Obwohl die Bundesregierung mit ihrer neuen China-Strategie die Abhängigkeit von China reduzieren wollte, verlegen immer mehr deutsche Unternehmen ihre Produktionsanlage in das Land der Mitte. Dazu kommt auch noch das üppige Subventionsprogramm durch den Inflation Reduction Act der USA, welches ebenfalls deutsche Unternehmen zu einer Abwanderung aus Europa veranlasst.
Ein Beispiel dazu ist der Automobilhersteller Volkswagen. Dieser hat vor einem Jahr angekündigt, ein neues Werk für Elektrofahrzeuge neben seinem Hauptsitz in Wolfsburg zu bauen. Der Baubeginn sollte jetzt stattfinden und das erste Modell 2026 vom Band rollen. Die Pläne von VW, ein neues Werk für Elektroautos in Deutschland zu bauen, sind nicht mehr aktuell. Finanzvorstand Arno Antlitz hat in einem Interview klargestellt, dass Volkswagen nicht mehr vorhabe, neuen Fabriken für Elektroautos in Europa zu bauen.
Volkswagen baut in China eine Elektroauto-Fabrik mit einer Kapazität von 350.000 Autos pro Jahr
In Anshui, China, hat Volkswagen gerade ein neues Werk für Elektroautos gebaut, das in der zweiten Jahreshälfte die Serienproduktion aufnehmen soll. Der Bau der Fabrik hat nur 18 Monate gedauert. Die Fabrik hat eine Kapazität von 350.000 Elektroautos pro Jahr. Es ist das dritte Werk des Konzerns in China, das ausschließlich Elektrofahrzeuge produziert, und das Werk mit dem höchsten Automatisierungsgrad. Mehr als 900 Roboter werden in der Fabrik eingesetzt, um Autos herzustellen, von denen viele nach Europa geliefert werden.
Deutsche Autohersteller setzen verstärkt auf Produktion in China
Es ist nicht nur VW, sondern auch andere Automobilhersteller verfolgen ähnliche Pläne. BMW gab im November bekannt, dass es etwa 1,4 Milliarden Dollar in den Bau eines neuen Batteriewerks in der nordöstlichen chinesischen Provinz Liaoning investieren wird. Mercedes-Benz Trucks hat kürzlich seinen ersten schweren Lastwagen „Made in China“ produziert und das neue Werk hat eine Kapazität von 60.000 Lastwagen pro Jahr.
Deutsche Chemie- und Pharma-Konzerne: Investitionen in die USA und China statt Deutschland
Die Automobilhersteller sind nicht die einzigen, die Deutschland bei Investitionen zurückfahren. Auch Konzerne der Chemie- und Pharmabranche verlegen ihre Produktionsstätten. Der Leverkusener Aspirin-Hersteller Bayer wird laut Aussage seines Pharmachefs in Zukunft Investitionen in den USA und China priorisieren.
Der CEO des Chemieriesen BASF aus Ludwigshafen, Martin Brudermüller, sprach kürzlich mit emotionsloser Stimme über gestiegene Kosten, rückläufige Nachfrage und immer aufwändigere bürokratische Hürden in Deutschland, als er die Bilanz des Unternehmens vorlegte. BASF setzt deshalb stark auf China und will dort zehn Milliarden Euro investieren – dies wäre die größte Investition, die jemals von einem deutschen Unternehmen in China getätigt wurde. Brudermüller, betont, dass die Umstrukturierung des Unternehmens ohne das Geschäft in China nicht möglich wäre. Er klagt: „Nennen Sie mir doch mal ein Investitionsobjekt in Europa, mit dem wir Geld verdienen könnten.“ Andere Konzerne der Chemieunternehmen, wie zum Beispiel Evonik und Covestro, beklagen mittlerweile ebenfalls, dass sie in Deutschland aufgrund der hohen Energiekosten kein Geld mehr verdienen können. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie dem Beispiel von BASF folgen werden.
Deutsche Unternehmen flüchten nach China: Investitionen auf Rekordhoch
Laut Josefin Altrichter vom Verband der Chemischen Industrie sind viele Unternehmen gezwungen, für den Standort Deutschland schmerzhafte Entscheidungen zu treffen. Eine Umfrage der deutschen Handelskammer in China zeigt jedoch, dass die Hälfte der knapp 600 befragten, in China ansässigen deutschen Unternehmen in diesem Jahr einen deutlichen Umsatzschub erwartet. Im Gegensatz zum einstigen Misstrauen einiger Politiker haben deutsche Unternehmen nach Daten des Handelsministeriums in Peking im Jahr 2022 so viel in China investiert wie nie zuvor: Die Investitionen sind allein in den ersten zehn Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 95,8 Prozent gestiegen.