Die geplante Änderung der Gesetze zur energetischen Sanierung von Gebäuden könnte für viele deutsche Haus- und Wohnungseigentümer sehr teuer werden. Laut einem Bericht der Deutschen Bank sind die Kosten für etwa ein Drittel der Bankkunden, die Eigentümer sind, zu hoch. Die Kosten übersteigen bei einem Großteil ihre finanziellen Möglichkeiten. Dieses Ergebnis hat die Deutsche Bank in einem Whitepaper zur energetischen Sanierung veröffentlicht (Handelsblatt: 31.05.23). „Für ein Drittel der Eigentümer werden die Kosten für die energetische Sanierung ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigen, wenn sie die Ausgaben vollständig über einen Kredit finanzieren müssen“, sagt Tobias Horn, Leiter des Portfolio-Managements & Strategy im Privatkundengeschäft der Bank.
Finanzielle Lücke bei energetischer Sanierung: Schwierigkeiten für einen Teil der deutschen Bevölkerung
Auch mit den aktuellen staatlichen Förderungen ist es nicht möglich, diese finanzielle Lücke vollständig zu schließen. Etwa ein Viertel aller Kunden kann diese Kosten trotz staatlicher Unterstützung und möglicher Energieeinsparungen nicht bewältigen. Dies bedeutet, dass ein Teil der deutschen Bevölkerung Schwierigkeiten haben wird, die Ausgaben für die Erreichung der Klimaschutzziele im Gebäudesektor zu stemmen. Laut dem Leitfaden der Bank zur energetischen Sanierung sind nur 62 Prozent der Kunden in der Lage, neben ihren monatlichen Lebenshaltungskosten auch die zusätzlichen Kreditkosten für die energetische Sanierung aus ihrem Einkommen zu tragen.
Für die restlichen Eigentümer sind alternative Lösungen erforderlich. Die Banken dürfen solche Kredite nicht vergeben, wenn die Kunden nicht über die finanziellen Mittel zur Rückzahlung verfügen.
Jörg Eigendorf, Chief Sustainability Officer der Deutschen Bank, schlägt vor, dass branchenweite Lösungen, gezielte staatliche Unterstützung helfen könnten. Darüber hinaus sollte in Betracht gezogen werden, ob Kredite für energetische Sanierungen auf die nächste Generation übertragen werden können. Andernfalls wäre der Rückzahlungszeitraum für ältere Eigentümer zu knapp. Die zeitnahe Sanierung sollte aber auch im Interesse der zukünftigen Erben sein.
Kostenexplosion bei energetischer Sanierung: Wohnimmobilienbesitzer vor finanzieller Herausforderung
Nach den Berechnungen der Bank können die Kosten für die Sanierung eines einzelnen Wohnhauses die Summe von 100.000 Euro überschreiten, um die höchste Energieeffizienzklasse A im Energieausweis zu erreichen. Die Wohnimmobilienkunden der Deutschen Bank müssten daher voraussichtlich etwa 80 Milliarden Euro investieren, um ihre Häuser auf diesen Standard zu bringen. Bis zum Jahr 2045 schätzt die Bank den gesamten Finanzbedarf für energetische Sanierungen von Wohnimmobilien in Deutschland auf rund 600 Milliarden Euro.
Die geplante Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes, die in der Ampelkoalition umstritten ist, sieht vor, dass ab 2024 eingebaute Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat kürzlich angekündigt, die Pläne zur Umstellung auf erneuerbare Heizungen in einigen Punkten zu überarbeiten. Die derzeit diskutierte Gebäuderichtlinie der Europäischen Union fordert zudem, dass alle Gebäude bis 2033 mindestens den Energieeffizienzstandard D erreichen müssen.
Deutsche Bank fordert beschleunigte Sanierung und technologische Lösungen
Die Bank betont, dass das Ziel der Klimaneutralität für Deutschland wichtig ist, jedoch die Umsetzung bisher nicht ausreichend erfolgt ist. Alf Meyer zur Heyde, Leiter Nachhaltigkeit der Deutschen Bank im Privatkundengeschäft, stellt fest, dass das Tempo der energetischen Sanierung des deutschen Heizungsbestands deutlich erhöht werden muss. Wenn sich daran nichts ändert, wird das Ziel der Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 nicht erreichbar sein.
Es ist daher notwendig, den Prozess zu beschleunigen. Die Bank plädiert dafür, auf bestehende technologische Lösungen zu setzen, da alles andere den Weg zur Klimaneutralität nur weiter verlangsamen würde.
Die Deutsche Bank prognostiziert, dass die verschärften energetischen Anforderungen an Gebäude auch Auswirkungen auf die Entwicklung von Immobilienkrediten haben werden. Es wird erwartet, dass die Energieeffizienzklassen von Gebäuden die Kreditkonditionen für energieeffizientere Objekte erhöhen, während der Druck auf schlechter sanierte Gebäude steigt.
Alarmierende Lage auf dem Immobilienmarkt: Banken warnen vor überhöhten Krediten und sinkendem Geschäft
Die Bank stellt fest, dass die Kredite für diese Gebäude bereits im Verhältnis zum Wert der Objekte zu hoch sind. Der Verband der Pfandbriefbanken berichtet zudem, dass das Geschäft mit Immobilienkrediten aufgrund steigender Zinsen bundesweit in jüngster Zeit stark rückläufig ist.
Der Immobiliensektor ist von großer Bedeutung für die Deutsche Bank. Als größte private Bank in Deutschland hat sie Immobilienkredite im Wert von über 182 Milliarden Euro in ihrem Portfolio. Der Anteil dieses Sektors ist sogar höher als der der Unternehmenskredite, die sich auf etwa 107 Milliarden Euro belaufen. Aufgrund dieser Zahlen spielt der Immobiliensektor eine entscheidende Rolle in der Nachhaltigkeitsstrategie der Deutschen Bank.
Hohe Kosten und Überforderung für Hausbesitzer – Politik unter Druck
Die Beratungsgesellschaft EY hatte bereits Ende Dezember darauf hingewiesen, dass Deutschlands Klimaziele zu einer Herausforderung in Bezug auf die Bezahlbarkeit des Wohnens und die Energieeffizienz führen würden. Experten prognostizieren hohe Kosten für Hausbesitzer und Mieter in Deutschland aufgrund der bevorstehenden energetischen Sanierungen in den kommenden Jahren. Laut einer Untersuchung des Kieler Bau-Beratungsinstituts Arge, im Auftrag des Verbändebündnisses Wohnungsbau, werden bereits jetzt jährlich rund 50 Milliarden Euro in energetische Sanierungen investiert.
Auch in der Wohnungs- und Immobilienbranche ist man besorgt, da viele Eigentümer mit den Anforderungen völlig überfordert sind. Mehrere Verbände forderten in Berlin, dass die Politik ihre Vorgaben lockern und den Hausbesitzern mehr Unterstützung bieten solle.
Gemäß den Gesetzesplänen in Berlin müssen neu eingebaute Heizungen mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Alternativ kann auch auf klimaneutral erzeugte Wärme aus einem Wärmenetz umgestellt werden. Die Regierung strebt an, den Umstieg sozial verträglich zu gestalten. Dazu soll es auch Übergangsfristen und Härtefallregelungen geben. Die Details dazu sind jedoch umstritten.
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