Seit Wochen kommt über die russische Gaspipeline Nord Stream 1 weniger Gas nach Deutschland. Die Politik versucht dies immer wieder, als Vergeltungsakt Russlands aufgrund der europäischen Sanktionen darzustellen. Wie wir bereits in unserem Artikel „Warum weniger Gas über Nord Stream 1 kommt“ (Blackout-News 26.06.22) berichtet haben, liegt dies allerdings daran, dass ein russischer Gasverdichter, der von Siemens Energy zur Wartung in Kanada war, aufgrund der Sanktionen nicht zurückgeliefert wird. Eine Tatsache, die auch die Mainstreammedien lange ignorierten. Sowohl Siemens Energy, als auch die kanadische Regierung haben die Blockade bestätigt. Jetzt gibt es einen erbitterten Streit darüber, wie und ob der Gasverdichter zurück nach Russland kommen soll.
Russland sichert Erhöhung der Liefermengen zu, sobald der Gasverdichter wieder vor Ort einsetzbar ist
Wirtschaftsminister Habeck hat Russland bereits unterstellt, Gas als Waffe gegen Deutschland einzusetzen (Tagesspiegel: 24.06.22). Nun bittet er Kanada um die Freigabe des Gasvernichters (RND: 07.07.22). Um sich nicht selbst binnen weniger Tage zu widersprechen, begründet er dies mit dem Argument, man müsse Putin die Ausrede nehmen, dass die Gasdrosselung technisch bedingt sei. Dabei hat der Kreml bereits mehrfach zugesichert, dass Russland die vereinbarten Liefermengen einhalten werde, sobald der zurückgehaltene Gasverdichter wieder vor Ort eingesetzt werden kann.
Ukraine versucht Auslieferung zu boykottieren
Nach langem Hin und Her ist jetzt Kanada bereit, den Gasverdichter doch auszuliefern. Allerdings will die kanadische Regierung nicht gegen die erlassenen Sanktionen verstoßen. Deshalb will man die Turbine zunächst nach Deutschland verschiffen (ntv. 10.07.22). Dagegen wehrt sich jetzt allerdings der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Die Ukraine wollte die Auslieferung verhindern und zeigt sich jetzt tief enttäuscht, dass Kanada die Sanktionen umgehen will (Börse-Online: 10.07.22).
Kanada liefert Turbine nach Deutschland aus
Bis die Turbine in Deutschland angekommen ist, dürften wiederum mehrere Tage vergehen. Damit ist es unwahrscheinlich, dass der Gasverdichter noch rechtzeitig während der seit 11.07. begonnenen 10 Tage-Wartung an der Verdichterstation Portovaya ankommen wird. Dies könnte die Abschattung der Pipeline Nord Stream 1 weiter verlängern, als geplant. Ein Szenario, welches Habeck bereits genannt hat, allerdings wieder aus politischen Motiven Putins. Es bleibt abzuwarten, wie die Diskussionen in Deutschland laufen werden, wenn die Turbine erst einmal angekommen ist und der Transport nach Russland ansteht. Auch dabei ist wiederum mit weiteren Verzögerungen zu rechnen.
Mit der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 hätte man die Gaskrise verhindern können
Das ganze Trauerspiel um den Gasverdichter hat zwischenzeitlich die Gaspreise für die Verbraucher auf neue Rekorde getrieben. Sollte Russland die Liefermengen über Nord Stream 1 tatsächlich wieder erhöhen, wenn die Turbine wieder vor Ort ist, kauft man dann genau das Gas, welches man über Nord Stream 2 die ganze Zeit über hätte problemlos beziehen können.
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