China senkt Baukosten für Atomkraft – das Erfolgsrezept für bezahlbare Energie

Der weltweite Ausbau der Kernkraft scheitert oft an explodierenden Baukosten. Doch ein aktueller Bericht auf Nature belegt: China durchbricht diesen Trend. Mit gezielter Standardisierung, lokaler Fertigung und langfristiger Planung gelingt es, neue Reaktoren deutlich günstiger zu errichten. Diese Strategie bietet Chancen für andere Länder, die bezahlbare Atomkraft in ihre Energiepolitik integrieren möchten (nature: 28.07.25).


Baukosten kontrollieren durch Planung und Standardisierung

Wissenschaftler von Harvard, CUNY, Stony Brook und Johns Hopkins analysierten erstmals umfassende Daten einzelner chinesischer Kernkraftwerke. Ergebnis: Entgegen der weltweiten Entwicklung sinken dort die Baukosten mit jeder neuen Anlage. Während andernorts Reaktoren teurer werden, profitieren chinesische Projekte von industrieller Koordination, regulatorischer Abstimmung und wiederholtem Design.

Chinas gezielte Industriepolitik zeigt, wie sich Baukosten von Atomkraftwerken wirksam senken lassen – ein Modell für andere Länder
Chinas gezielte Industriepolitik zeigt, wie sich Baukosten von Atomkraftwerken wirksam senken lassen – ein Modell für andere Länder

Shangwei Liu vom Belfer Center an der Harvard Kennedy School beschreibt die übliche Entwicklung als „nukleare Kostenfalle“. China durchbricht diese: „Wir haben erstmals vollständige Kostendaten zusammengetragen und festgestellt, dass dort das Gegenteil geschieht.“

Lokale Komponenten drücken die Baukosten

Ein zentraler Hebel: Der Ersatz importierter Bauteile durch eigene Fertigung. Diese strategische Indigenisierung senkt nicht nur die Baukosten, sondern reduziert auch Abhängigkeiten. Gang He von der CUNY Baruch College betont die Übertragbarkeit: „Strategische Lokalisierung könnte nicht nur für die Kernkraft, sondern auch für andere saubere Technologien entscheidend sein – besonders in Ländern, die zügig skalieren wollen.“

Allerdings mahnen die Autoren zur Vorsicht: Überhastete Lokalisierung kann mehr kosten als sie spart. Frühzeitige Standardisierung und realistische Zeitpläne schaffen verlässliche Rahmenbedingungen. Ohne sie geraten Projekte schnell ins Stocken oder sprengen das Budget.

Erfolgsfaktor Zusammenarbeit

Die Erkenntnisse aus China gewinnen an Bedeutung, da weltweit Interesse an kleinen modularen Reaktoren (SMRs) wächst. Viele Staaten ohne Atomtradition steigen neu ein. Hier empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit erfahrenen Exportnationen. Minghao Qiu von der Stony Brook University empfiehlt, gezielt jene Bauteile zu identifizieren, die lokal gefertigt werden können, und gleichzeitig die Qualifikation der Fachkräfte zu fördern.

Ein tieferes Verständnis der Komponentenpreise und eine bessere Abstimmung zwischen Sicherheit und Effizienz gelten als zentrale Voraussetzungen für sinkende Baukosten. Hier braucht es mehr Transparenz und langfristig angelegte Strategien.


Mit Strategie statt Subvention gegen die Kostenfalle

Trotz aller Fortschritte bleibt Kernenergie kostenintensiv. Doch Chinas Beispiel zeigt: Hohe Baukosten sind kein Naturgesetz. Daniel Kammen von der Johns Hopkins University formuliert es prägnant: „China zeigt, dass die Kosten nicht zwangsläufig mit dem Ausbau steigen müssen. Aber die Kostenfalle lässt sich nur durch eine kluge Strategie durchbrechen – nicht allein durch Technologie.“

Für Länder wie Deutschland, Frankreich oder die USA bietet dieses Beispiel neue Perspektiven. Wer Planung, Technik und Politik in Einklang bringt, kann kosteneffiziente Kernkraft realisieren – ohne Abstriche bei Sicherheit oder Tempo.

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