China gefährdet europäische Biokraftstoff-Industrie – Verdacht auf illegale Praktiken

Ein Teil der deutschen Biokraftstoff-Industrie steht vor großen Problemen. China überschwemmt den Markt mit billigen Produkten, offenbar mit gefälschten Herkunftsnachweisen. Die Staatsanwaltschaft ist bereits involviert. Dies hat auch negative Auswirkungen auf die Verkehrswende (Welt: 06.07.23).


Mineralölkonzerne profitieren von Biokraftstoff-Entscheidung der Bundesregierung

Die großen Mineralölunternehmen konnten ihr Glück kaum fassen. Durch den hohen Ölpreis aufgrund des Krieges hatten sie bereits Milliardengewinne erzielt. Im Februar dieses Jahres kam dann die glückliche Entscheidung der Bundesregierung, wonach sie die Beimischung von „fortschrittlichen“ Biokraftstoffen doppelt auf die Treibhausgasquote anrechnen dürfen. Dadurch wurde die Nachfrage nach dieser seltenen Art von Biosprit praktisch über Nacht immens. Für die Mineralölkonzerne muss es wie ein Märchen gewirkt haben.

Handel mit gefälschten Herkunftsnachweisen - Chinesische Konkurrenz gefährdet europäische Biokraftstoff-Industrie
Handel mit gefälschten Herkunftsnachweisen – Chinesische Konkurrenz gefährdet europäische Biokraftstoff-Industrie

In den ARA-Häfen, also in Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen, gab es plötzlich doppelt so viel Biodiesel im Angebot wie zuvor. Und der Preis hat sich um die Hälfte reduziert.

Der Verkauf des Kraftstoffs erfolgte mit einem Bio-Zertifikat, welches die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) überprüft hat. Europäische Unternehmen und insbesondere deutsche Tankstellenbetreiber griffen gerne zu. Bisher trägt konventioneller Biokraftstoff aus Pflanzenmaterial wie Raps oder Mais einen Großteil zum Klimaschutz im Verkehrssektor bei. Allerdings möchte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) aufgrund der Debatte um die Verwendung von Lebensmitteln für Treibstoffe bis 2030 biobasierte Kraftstoffe auf Basis von Nahrungs- und Futtermitteln vom Markt verdrängen.

Neue Biokraftstoffe aus Abfällen und Reststoffen auf dem Vormarsch

Stattdessen soll „fortschrittlicher Biokraftstoff“ eine Chance erhalten, der unter anderem aus landwirtschaftlichen Reststoffen und Abfällen der Lebensmittelindustrie gewonnen wird.

Für die Herstellung von Kraftstoffen sollen vermehrt abgeschiedene braune Fette aus Großküchen oder der Seifenproduktion, auch bekannt als „Brown Grease“, sowie Reststoffe aus der Speiseölraffination zum Einsatz kommen. Diese Materialien beanspruchen keine landwirtschaftlichen Anbauflächen. Deshalb gib es bei deren Verwendung eine staatliche Förderung.

Die Mineralölkonzerne sind gesetzlich verpflichtet, eine bestimmte Treibhausgasquote einzuhalten. Seit Kurzem können sie die Beimischung von Kraftstoffen aus Altfetten und Abfällen doppelt anrechnen. Es ist jedoch nicht einfach, aus braunem Fett einen sauberen Biodiesel zu destillieren. Das Verfahren ist aufwendig und das Endprodukt daher deutlich teurer als Biosprit aus Mais oder anderen angebauten Pflanzen.


Chinesische Konkurrenz gefährdet europäische Biokraftstoff-Industrie

„Um eine solche Anlage zu bauen, braucht man normalerweise 36 Monate – wenn man schnell ist“, erklärt Bengt Korupp, der Geschäftsführer des deutschen Herstellers German Biofuels GmbH (gbf) in Brandenburg. Doch die chinesische Konkurrenz scheint das Unmögliche geschafft zu haben. Bei ihnen dauerte es nur zwölf Monate. Die Exporte von fortschrittlichem Biosprit nach Europa haben sich im ersten Halbjahr 2023 auf über eine Million Tonnen verdoppelt. „Woher kommen plötzlich solch große Kapazitäten?“, fragt Korupp. Seit das Derivat aus braunem Fett in den Benelux-Häfen zu Preisen verkauft wird, die hierzulande als Dumping betrachtet würden, ist die Auslastung seiner Anlagen drastisch gesunken, genauso wie bei anderen deutschen und europäischen Biokraftstoffherstellern.

Elmar Baumann, der Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Biokraftstoff-Industrie (VDB), warnt davor, dass die deutsche und europäische Biokraftstoff-Industrie ihre Produktion in wenigen Monaten einstellen und dauerhaft vom Markt verschwinden könnte.

Sein Verdacht besteht darin, dass chinesische Hersteller fortschrittlichen Biodiesel nicht entsprechend den europäischen Vorschriften aus Abfällen und Reststoffen herstellen, sondern unter anderem Palmöl verwenden und es dann umdeklarieren. „Die unsauberen Importe haben zu einer deutlichen Marktverzerrung auf Kosten der heimischen Industrie geführt.“

Palmöl ist die kostengünstigste Form von Biomasse auf dem Weltmarkt. Allerdings akzeptiert Deutschland ab diesem Jahr überhaupt keinen Biokraftstoff mehr, der aus Palmöl hergestellt wird. Für die Plantagen wird eine große Menge an Regenwald, insbesondere in Malaysia und Indonesien, abgeholzt.

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