Der Stromverbrauch von Wärmepumpen und Elektroautos könnte bald das Stromnetz überlasten. Die Netzbetreiber sollen deshalb die Möglichkeit bekommen, den Verbrauch von außen zu steuern, auch ohne Zustimmung der Besitzer. Die Pläne für eine Drosselung des Strombezugs sind bereits weit fortgeschritten (Welt: 22.12.22).
Altmaiers „Spitzenglättung“ ist zurück
Schon vor fast zwei Jahren musste der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Pläne seiner Beamten zurückziehen, die vorsahen, den Strom für private Elektroautoladestationen und Wärmepumpen zu drosseln, wenn das Stromnetz zu überlasten droht. „Spitzenglättung“ nannte Altmaier damals den geplanten Fernzugriff auf private Haushalte. Damit wollte er Spitzen beim Stromverbrauch glätten, um damit dem mangelnden Ausbau der Übertragungsnetze entgegenzuwirken. Das damals geplant Gesetz trat allerdings nicht in Kraft.
Jetzt ist die Spitzenglättung wieder da. Das Thema ist heikel und deshalb hat der Nachfolger von Altmaier, Robert Habeck (Grüne), das Problem geschickt an die Bundesnetzagentur delegiert. Im Energiewirtschaftsgesetz steht jetzt im Paragraf 14a, dass der Minister die Regelung per Verordnung an die Bundesnetzagentur abgeben kann.
Bundesnetzagentur hat bereits erste Eckpunkte bekannt gegeben
Die Bundesnetzagentur hat dazu bereits erste Eckpunkte veröffentlicht und ein Konsultationsverfahren begonnen. Diese geplanten Regeln könnten zu Streit zwischen verschiedenen Interessengruppen führen und auch Unmut bei Nutzern von Elektroautos und Wärmepumpen verursachen. Die Mitarbeiter der Bundesnetzagentur haben bei der Vorstellung der Pläne auch keinen Hehl daraus gemacht, dass dies geplanten Regeln Nachteile für Verbraucher mit sich bringen werden.
Demnach plant die Bundesnetzagentur, Betreibern von Stromnetzen die Möglichkeit zu geben, die Energiezufuhr für Wärmepumpen und private E-Auto-Ladestationen zu reduzieren, wenn das Stromnetz am Limit ist. Diese Maßnahme wurde als „Inkaufnahme erforderlicher Komforteinschränkungen durch Schaltmaßnahmen“ bezeichnet.
Steuerbare Verbrauchseinrichtungen sollen Strombezug auf 3,7 Kilowatt limitieren
Die Pläne der Bundesnetzagentur sind relativ konkret und sehen vor, dass Netzbetreiber die Energiezufuhr für Wärmepumpen und private E-Auto-Ladestationen (sogenannte „steuerbare Verbrauchseinrichtungen“) auf 3,7 Kilowatt reduzieren können. Obwohl niemand komplett von der Stromversorgung abgeklemmt wird, könnte das Laden des eigenen Elektroautos deutlich länger dauern. Laut Bundesnetzagentur würde es dann drei Stunden dauern, um 50 Kilometer Reichweite nachzuladen. Es gibt allerdings auch keine Begrenzung dafür, wie lange oder wie oft eine solche Drosselung durchgeführt werden darf.
Die Bundesnetzagentur hat erklärt, dass die geplanten Maßnahmen notwendig sind, um sicherzustellen, dass es nicht zu Stromausfällen aufgrund von Überlastungen in den Verteilnetzen kommt, während gleichzeitig an der Ertüchtigung dieser Netze gearbeitet wird. Die Bundesnetzagentur betont, dass eine „zeitnahe und vorausschauende Ertüchtigung der Verteilnetze“ unerlässlich ist, um die Stromversorgung zu verbessern und zu stabilisieren.
Drosselung zu Spitzenzeiten soll ab 2024 verpflichtend kommen
Viele Nutzer von Wärmepumpen und E-Auto-Ladestationen (Wallboxen) haben bisher freiwillig Regelungen mit ihren Versorgern getroffen, die Drosselungen zu Spitzenzeiten vorsehen. Ab 1. Januar 2024 soll es jedoch keine Wahl mehr geben und alle Nutzer und Netzbetreiber werden verpflichtet sein, sich den neuen Regeln zu fügen. Allerdings gibt es Zweifel daran, ob diese geplanten Vorgaben so schnell umgesetzt werden können. Ursprünglich wollte die Netzagentur nur das „dynamische Steuern“ zulassen. Dies bedeutet, dass nur in jenen Teilen des Stromnetzes eine Drosselung stattfinden soll, die zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich an ihre Belastungsgrenze stoßen. Allerdings gibt es derzeit noch nicht die erforderliche Messtechnik, um diese Art von Drosselung durchzuführen.
Aufgrund des Mangels an erforderlicher Messtechnik plant die Bundesnetzagentur eine Übergangsfrist von fünf Jahren bis Anfang 2029, während der Netzbetreiber auf „statisches Steuern“ zurückgreifen dürfen. Bei der statischen Steuerung werden auch präventiv, aufgrund von vorher errechneten Spitzenzeiten, Drosselungen durchgeführt. Es ist auch unklar, ob sich Verbraucher einzeln steuern lassen, weshalb die Bundesnetzagentur über die Einführung einer „Prosumersteuerung“ nachdenkt. Dabei würde jedem Anschluss eine Gesamtleistung von mindestens fünf Kilowatt zustehen. Die Verbraucher müssten sich verpflichten, ihre Wärmepumpe oder Ladestation selbst zu drosseln oder abzuschalten, um zusammen mit anderen Elektrogeräten nicht über diesen Schwellenwert zu kommen.
Besitzer von Wärmepumpen und Elektroautos sollen als Gegenleistung geringeren Strompreis bezahlen
Als Gegenleistung für das Risiko einer möglichen Drosselung sollen Besitzer von Wärmepumpen und E-Autos einen niedrigeren Stromtarif erhalten. Der genaue Betrag des Rabatts ist noch nicht bekannt. Alle Besitzer von Wärmepumpen und Ladestationen sollen von dem Rabatt profitieren, egal ob sie tatsächlich gedrosselt wurden oder nicht. Die Finanzierung des Preisnachlasses soll über den Strompreis der anderen Kunden erfolgen.
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