Bei einem der führenden Autozulieferer Deutschlands, ZF, stehen harte Einschnitte bevor. Laut einer Analyse der WirtschaftsWoche sind 13 deutsche Werke von einer möglichen Schließung betroffen. Jeder dritte Standort im Inland ist gefährdet, was das Aus für zahlreiche Arbeitsplätze bedeuten könnte. Achim Dietrich, Betriebsratschef des Unternehmens, trat am 17. Januar vor rund 3000 Mitarbeitern in Friedrichshafen auf. Trotz Regen und Kälte war die Stimmung aufgeheizt. Seine Ankündigung erschütterte viele: 12.000 Stellen könnten wegfallen, fast ein Viertel der Belegschaft in Deutschland (wiwo: 12.10.24).
Verlagerung in Niedriglohnländer
Dietrich kritisierte scharf, dass frei werdende Stellen künftig nicht in Deutschland oder anderen Industrienationen, sondern in sogenannten „Best-Cost-Countries“ entstehen sollen. Diese Länder, in denen die Kosten niedriger sind, bieten aus Sicht des Konzerns bessere wirtschaftliche Bedingungen. Proteste ließen nicht lange auf sich warten. Lautstarker Unmut entlud sich in der Menge, als immer wieder empörte Rufe laut wurden. Eine Demonstrantin hielt ein Plakat hoch, auf dem nur ein Wort zu lesen war: „Goodbye Deutschland“. Es schien ein bitteres Resümee für die Zukunft des Standorts zu sein.
Laut Dietrich gerät der Vorstand von ZF zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Ein Umsatzrückgang von drei Milliarden Euro wird für das Jahr prognostiziert. Hinzu kommen über zehn Milliarden Euro Schulden aus früheren Übernahmen. Vor diesem Hintergrund erscheint die geplante Verlagerung ins Ausland als Maßnahme zur Kostenreduktion. Eine Liste von Werken, die kurzfristig geschlossen werden sollen, liegt bereits vor. Besonders kleinere Standorte sind davon betroffen.
Gefährdete Standorte
Laut einer Analyse der WirtschaftsWoche sind 13 deutsche ZF-Standorte besonders gefährdet. Es handelt sich vorwiegend um kleinere Werke mit weniger als 300 Mitarbeitern. Diese gelten als ineffizient und könnten mit weniger Widerstand von Gewerkschaften und Politik geschlossen werden. Konkrete Standorte, die bedroht sind, nennt die Analyse jedoch nicht im Detail. Es ist jedoch bekannt, dass größere Standorte wie der Hauptsitz in Friedrichshafen, sowie Werke in Saarbrücken, Hannover, Brandenburg an der Havel und Nürnberg von Stellenstreichungen betroffen sein könnten. Eine vollständige Schließung dieser Standorte wird jedoch als unwahrscheinlich angesehen.
Dietrich machte bereits zu Beginn des Jahres deutlich, dass es nicht mehr nur um die Produktion gehe. Auch andere Bereiche wie Buchhaltung, Einkauf und Personalwesen stehen zur Disposition. Selbst in diesen Bereichen überlege ZF, ob neue Zentren im Ausland entstehen könnten.
Wachsende Konkurrenz aus Asien
ZF steht unter enormem Druck, den steigenden Kosten in Deutschland entgegenzuwirken. Die Konkurrenz aus Asien wächst, insbesondere in den Bereichen Zukunftstechnologien. Insider berichten, dass große deutsche Zulieferer nicht nur teurer, sondern auch weniger flexibel seien. Das treibt viele Autohersteller, besonders in China, dazu, sich anderen Zulieferern zuzuwenden. Laut einem Branchenkenner seien deutsche Zulieferer etwa 20 bis 30 Prozent teurer als die Wettbewerber.
Die Unternehmensberatung PwC Strategy& analysierte die Situation in einer Studie. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus: Die deutschen Zulieferer verlieren zunehmend an Boden. Sie wachsen langsamer als ihre Konkurrenten und büßen Marktanteile ein. Seit 2019 sollen es bereits drei Prozentpunkte weniger Weltmarktanteil sein.
Ein düsteres Bild für die Zukunft
Die Entwicklungen bei ZF sind Teil eines größeren Trends in der Automobilindustrie. Während asiatische Unternehmen massiv in Zukunftstechnologien investieren, reduzieren deutsche Zulieferer ihre Kapazitäten. Das bringt nicht nur ZF in Bedrängnis, sondern auch andere Unternehmen in der Branche. Der harte Wettbewerb und die hohen Kosten in Deutschland machen es den heimischen Zulieferern schwer, sich gegen die Konkurrenz aus Asien zu behaupten.
ZF hat dabei, laut Insidern, Nachholbedarf. Während andere Unternehmen bereits frühzeitig auf Verlagerungen setzten, hält ZF erst jetzt mit. Die Folge: Ein immer stärkerer Druck, schnelle Entscheidungen zu treffen und kostspielige Strukturen in Deutschland abzubauen.
Insgesamt bleibt abzuwarten, wie sich die Situation für ZF und die deutsche Zuliefererbranche entwickeln wird. Doch eines scheint sicher: Der Weg wird kein leichter sein.
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