Atomenergie in Japan: Mitsubishi entwickelt neuen Atomreaktor

Während in Deutschland die Kernkraft heftig umstritten bleibt, sperrt sich Japan elf Jahre nach dem Reaktorunglück mit Kernschmelze im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi nicht länger gegen die Nutzung der Atomenergie. Vielmehr ist ein neuer Atomreaktor in Planung, der besondere Sicherheitsmerkmale mitbringen soll (faz, 30.09.2022).


Neuer Kernreaktor von Mitsubishi

Der japanische Hightech-Konzern Mitsubishi Heavy Industries hat angekündigt, zusammen mit vier regionalen Versorgern einen neuen Atomreaktor zu entwickeln. Dessen Sicherheit soll freilich besonders hoch ausfallen, wofür die Ingenieure von Mitsubishi besondere Sicherheitsmerkmale konzipiert haben. Am vergangenen Donnerstag (29. September 2022) teilte der Industriekonzern mit, dass man die strategische Wende des Landes in der Energiepolitik mit dieser Neuentwicklung unterstützen werde. Japan hat sich durch die stark steigenden Energiepreise entschlossen, wieder auf Nuklearenergie zu setzen. Angesichts der Fukushima-Katastrophe von 2011, die in Deutschland faktisch den Atomausstieg eingeläutet hatte, ist dieser Schritt bemerkenswert.

Neuer Atomreaktor von Mitsubishi soll 2035 ans Netz gehen. Reaktor in Planung, der besondere Sicherheitsmerkmale mitbringen soll
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Bild:Hirorinmasa, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
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Umdenken in Japan schon im Sommer

Bereits im Sommer 2022 hatte der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida angekündigt, dass sein Land nun wieder Atomreaktoren bauen werde, die zusammen mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien eine kohlendioxidarme Antwort auf den Klimawandel seien. Es scheint, als hätte Japan die dreifache Kernschmelze in Fukushima Daiichi inzwischen verdaut. Immerhin stellte die Regierung erstmals seit dem Unglück klar, dass man sich von der Atomkraft keinesfalls verabschieden, sondern ihren Anteil am Energiemix sogar wieder erhöhen werde. Damit steht Japans Energiepolitik konträr zum deutschen Atomausstieg. Das kommt nicht von ungefähr: Sogar in den ersten Jahren nach dem Reaktorunfall in Fukushima, den ein Tsunami verursacht hatte, wollte sich keine japanische Regierung klar gegen die Kernenergie positionieren. Bestenfalls zeitweise war davon die Rede gewesen, dass der Anteil des Atomstroms an der gesamten Energieerzeugung etwas sinken solle.

Wann kommt der neue Atomreaktor von Mitsubishi?

Der neue Reaktortyp dürfte nach Informationen der führenden japanischen Wirtschaftszeitung „Nikkei“ ab etwa 2035 ans Netz gehen. Im Kern entwickelt Mitsubishi die bekannten Druckwasserreaktoren weiter und macht sie sicherer. Solche Reaktoren betreiben heute schon die regionalen Energieversorger in Shikoku, Kansai, Kyushu und Hokkaido. Der neue Reaktortyp soll zwischen 0,6 und 1,2 Gigawatt leisten. Zum Vergleich: Das gegenwärtig größte AKW Europas im ukrainischen Saporishja leistet, wenn alle Blöcke laufen (derzeit kriegsbedingt nicht möglich), 6 GW. Sein wichtigstes Sicherheitsmerkmal wird das deutlich schnellere Stoppen und Hochfahren der nuklearen Kettenreaktion mithilfe eines verbesserten Kontrollstangenmechanismus sein.

Gleichzeitig wird der Reaktorkern unter die Erde verlegt. Dieses Merkmal und seine deutlich verstärkten Schutzwände sollen ihn besonders stark gegen Flugzeugabstürze und Terroranschläge sichern. Zusätzlich verspricht Mitsubishi Heavy eine bessere Technik, mit der im Fall der unkontrollierten Kernschmelze geschmolzener Brennstoff aufgefangen werden kann. Dieses Problem hat sich beim havarierten AKW in Fukushima gezeigt. Dort konnte sich der geschmolzene Brennstoff recht ungehindert ausbreiten. Daher wird der Abriss der Reaktoren noch Jahrzehnte dauern.


Auch kleine Reaktoren von Mitsubishi

Der große Reaktor ist nur eine neue Entwicklung im Bereich der Kerntechnologie von Mitsubishi Heavy. Gleichzeitig arbeitet der Konzern an kleineren und besonders kostengünstigen Reaktoren, die 300 MW leisten sollen. Damit entsprechen sie in etwa der Größe heutiger kleiner Reaktorblöcke und gelten sogar als Mini-AKWs, wenn sie neu entwickelt werden. Auch Mikro-AKWs plant Mitsubishi, die bei kleinen Leistungen um 50 MW so klein sind (rund 3 x 4 m), dass sie sich auf einem Lastwagen anliefern und dann unterirdisch installieren lassen. Diese Entwicklung gibt es auch in anderen Staaten (wir berichteten). Mikro-Reaktoren haben den Vorteil, dass sie im Werk völlig fertiggestellt werden und die Technologie daher beim Aufstellen am endgültigen Standort als sicher gelten darf. Bei allen Reaktortypen setzt Mitsubishi zudem auf eine Gaskühlung der Hochtemperaturreaktoren, die gleichzeitig die Produktion von Wasserstoff ermöglichen soll. Damit würde eine hybride Technologie die Energieknappheit auf zwei Wegen gleichzeitig bekämpfen, denn Wasserstoff gilt als zukunftsträchtiger Energieträger.

Das rohstoffarme Japan ist auf solche Innovationen dringend angewiesen und will daher auch die Nuklearenergie keinesfalls ad acta legen. Sie gilt als notwendiger Bestandteil im japanischen Energiemix neben den erneuerbaren Energien aus Windrädern und Solaranlagen, weil sie wetterunabhängig funktioniert. Gegenwärtig ist aus Japan zu hören, dass der Anteil an Nuklearstrom bis zum Jahr 2030 etwa 20 bis 22 % betragen soll. Diesen Weg beschritt das Land schon nach 2011. Es wurden damals zunächst verschärfte Sicherheitsprüfungen an allen Kernreaktoren angeordnet, die zunächst abgeschaltet worden waren. Nach diesen Prüfungen sind inzwischen 10 dieser Reaktoren wieder zugelassen. Meistens liefern sie auch Strom, wenn sie nicht wartungsbedingt heruntergefahren werden.

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