Am 15. April soll endgültig Schluss sein mit der Stromerzeugung durch Atomkraft in Deutschland (Merkur: 15.04.23). An diesem Tag müssen die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim und Emsland spätestens vom Netz gehen – was die Betreiber jeweils auch ausschöpfen wollen. Eigentlich hätte die Abschaltung zum Jahreswechsel erfolgen worden, dies war jedoch aufgrund der Energieknappheit wegen des Ukraine-Krieges um dreieinhalb Monate verschoben worden.
Was passierte in den vergangenen Monaten?
Für die Verlängerung wurden zwar keine neuen Brennelemente mehr eingesetzt, die vorhandenen aber noch einmal neu konfiguriert. Der folgende sogenannte Streckbetrieb ging einher mit einer verringerten Kraftwerksleistung. Grundlage der verlängerten Betriebsdauer war ein Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), nachdem sich vor allem FDP und Grüne nicht über das Ausmaß des Streckbetriebes hatten einigen können.
Was passiert direkt nach der Abschaltung?
Auch nach der Trennung der Kraftwerke vom Netz und dem Stopp der Kernspaltung müssen die Reaktoren weiter gekühlt sowie alle für diesen Betriebszustand relevanten Systeme und Komponenten vorerst weiterhin instandgehalten werden. Zunächst werden in den Tagen nach der Abschaltung die pro Kraftwerk 193 Brennelemente aus dem Reaktorkern in wassergefüllte Lagerbecken gebracht.
Wie geht es in der Folgezeit weiter?
Danach kann nach und nach mit einem Rückbau der Anlagen begonnen werden, wofür jeweils eigene Genehmigungen erforderlich sind. Die Brennelemente werden nach einer Abklingzeit in Atommüll-Zwischenlager an den Kraftwerksstandorten verbracht. Bis zur Wiederherstellung einer „grünen Wiese“ dürften dort jeweils etliche Jahre vergehen.
Um welche Atomkraftwerke geht es?
Das Akw Neckarwestheim des Betreibers EnBW mit einer Leistung von 1400 Megawatt hatte 1982 den Betrieb aufgenommen. Sechs Jahre später speiste das von RWE Power betriebene Akw Emsland erstmals Strom ins Netz. Auch diese Anlage verfügt über eine Leistung von 1400 Megawatt. Ebenfalls 1988 ans Netz gegangen war das Akw Isar 2 des Betreibers Preussenelektra mit einer Leistung von 1485 Megawatt.
Warum werden die Atomkraftwerke am 15. April abgeschaltet?
Die Abschaltung der Atomkraftwerke erfolgt auf Grundlage des Ausstiegsbeschlusses der damaligen rot-grünen Bundesregierung von 2002 beziehungsweise dessen Neuauflage 2011 nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima durch die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Im Atomgesetz ist seither auch ein Neubau von Atomkraftwerken untersagt. Begründet wird dies mit den Sicherheitsrisiken der Atomkraft-Nutzung, schlechter Kompatibilität mit erneuerbaren Energien sowie dem Problem der Atommüll-Endlagerung. Gegner des Ausstiegs argumentieren mit der Energiesicherheit sowie der Minderung des CO2-Ausstoßes im Vergleich zu Kohle- oder Gaskraftwerken.
Welche Atomanlagen gibt es nach den Akw-Abschaltungen weiterhin?
In Betrieb bleiben die Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen sowie die Uran-Anreicherungsanlage im nordrhein-westfälischen Gronau. Hinzu kommen derzeit sechs Forschungsreaktoren, der leistungsstärkste von ihnen steht in Garching bei München. Und dann gibt es weiterhin die Zwischenlager für die abgebrannten Brennelemente an den Kraftwerksstandorten sowie in Gorleben, Ahaus und Lubmin bei Greifswald. In Gorleben existiert zudem eine Konditionierungsanlage, um Atommüll für die Zwischen- oder Endlagerung vorzubereiten. Irgendwann nach 2050 soll ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll in Betrieb gehen.
AFP
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