In Deutschland gibt es 960 Tafeln, die von Armut betroffene Menschen mit Lebensmitteln versorgen. Jochen Brühl, Vorsitzender des Dachverbandes der Tafeln, berichtet, dass die Zahl der Bedürftigen stark zugenommen hat, aber die Lebensmittelspenden abgenommen haben. Er betont, dass die staatlichen Unterstützungsleistungen nicht ausreichen, und dass die Tafeln an ihre Grenzen kommen. Er fordert eine „soziale Zeitenwende“.(fr.de, 01.12.22)
Zunahme der Bedürftigkeit bei den Tafeln um 50 % – Politik gefordert
Die Zahl der Menschen, die auf das Angebot der Tafeln angewiesen sind, hat seit Anfang des Jahres um knapp 50 Prozent erhöht und beträgt insgesamt etwa 2 Millionen. Besonders betroffen sind Geflüchtete aus der Ukraine, Menschen mit einer zu geringen Rente, Menschen in der Grundsicherung, die aufstocken, Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Menschen, die es bisher knapp geschafft haben, über die Runden zu kommen. Der Handel hat seine Lebensmittelspenden reduziert und Methoden entwickelt, um seine Bestellverfahren und Lagersysteme zu verbessern. Dadurch stehen den Tafeln weniger Lebensmittel zur Verfügung, während die Anzahl der Bedürftigen weiter steigt. Die Politik ist in der Verantwortung, da die Tafeln nicht die Aufgabe haben, Menschen zu versorgen.
Von Ehrenamtlern und Lebensmittelherstellern – Der Dachverband der Tafeln kämpft in schwierigen Zeiten
Jochen Brühl erklärt, dass er und seine Kollegen statt Lebensmittel zu kaufen, versuchen, die vorhandenen Mengen gerecht aufzuteilen. Sie arbeiten mit Lebensmittelherstellern zusammen und nutzen kreative Ideen, um an Lebensmittel zu kommen. Er betont aber, wie unglaublich viele Menschen es auch in diesen schwierigen Zeiten gibt, die sich für andere einsetzen und dass viele der ehrenamtlichen Helfer selbst in der Krise sind.
Die Spendenbereitschaft reicht aber nicht: Es muss eine soziale Zeitenwende her – ein Grundeinkommen ist der Schlüssel!
Nein, das reicht nicht. Wir müssen uns überlegen, wie wir ein Grundeinkommen einführen. Der Dachverband der Tafeln muss dafür sorgen, dass die örtlichen Tafeln durch den Winter kommen, was regional sehr unterschiedlich ist. Es gibt eine große Spendenbereitschaft, aber es muss auch eine „soziale Zeitenwende“ geben, um Armut zu bekämpfen. Diese sollte eine Erhöhung der Regelsätze des Bürgergeldes und ein Grundeinkommen beinhalten.
Altersarmut verschärft sich: Mehr Dialog und Hilfe gefragt
Die Altersarmut wird sich verschärfen und es braucht einen Dialog zwischen Politik und Gesellschaft, um die Ungleichheit anzugehen. Um zu helfen, können Leser bei der Tafel in ihrer Nähe anrufen und fragen, was sie braucht. Jeder kann auch in seinem persönlichen Umfeld helfen, z.B. indem er einen von Armut betroffenen Nachbarn zum Essen einlädt.
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