Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) lehnt staatliche Maßnahmen für weniger Straßenverkehr zugunsten des Klimaschutzes ab. „Die Lösung kann nicht sein, dass wir den Straßenverkehr in Deutschland einschränken“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Autofahren bedeutet Freiheit“, fügte Wissing hinzu. Die Grünen-Fraktion forderte den Minister auf, „endlich ausreichende Maßnahmen“ für den Klimaschutz in seinem Verantwortungsbereich auf den Weg zu bringen.
Wissing sagte in dem Zeitungsinterview, Deutschland müsse „klimaneutralen Verkehr auf der Straße ermöglichen, mit mehr E-Autos und CO2-neutralen Kraftstoffen, auch im Güterverkehr.“ Er maß dem Auto einen hohen Stellwert zu: „Autofahren bedeutet Freiheit, Flexibilität und Privatsphäre, im ländlichen Raum und im Alter außerdem Teilhabe und Selbstbestimmung.“
Die Deutschen erwarteten daher zu Recht, „dass unsere Straßen in einem guten Zustand sind“, sagte der Minister weiter. Er bekräftigte in diesem Zusammenhang sein Vorhaben, besonders belastete Autobahnen auszubauen und Lücken in Autobahnnetz zu schließen. „Auch wenn es nicht allen gefällt: Es wird auf deutschen Straßen mehr Verkehr geben und wir müssen damit umgehen.“
Grünen-Fraktionsvize Julia Verlinden reagierte ungehalten. „Wenn Verkehrsminister Wissing von der Freiheit beim Autofahren spricht, frage ich mich, ob er das Ausmaß seiner Aufgabe beim Klimaschutz erfasst hat“, sagte sie am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. „Er muss nun endlich ausreichende Maßnahmen vorlegen, um die CO2-Emissionen drastisch zu reduzieren und die Lücke zum Klimaziel in seinem Bereich zu schließen.“
Nötig sei unter anderem, „zahlreiche umweltschädliche Subventionen abzubauen und einen großen Teil des Güterverkehrs weg von der Straße auf Schiene und Schiff zu verlagern“, sagte Verlinden. „Die Verkehrsinfrastrukturplanung muss dafür systematisch an den Erfordernissen der Mobilitätswende ausgerichtet und mit Blick auf den Klimaschutz neu priorisiert werden.“
Die Grünen-Fraktion hatte zuletzt den Druck auf Wissing erhöht. Mitte Januar verabschiedete der Fraktionsvorstand ein Papier mit dem Titel „Starter-Paket für mehr Klimaschutz im Verkehrssektor“. Darin heißt es, im „gemeinsamen Kampf der Bundesregierung gegen die Klimakrise“ sei der Verkehrssektor „aktuell das Schlusslicht“.
Hintergrund ist, dass Deutschland insbesondere im Verkehrssektor – aber auch im Gebäudebereich – Zwischenziele bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen verfehlt hat. Ein von Wissings Ressort vorgelegtes Klima-Sofortprogramm stieß im vergangenen Sommer auf scharfe Kritik des Expertenrats für Klimafragen: Das Programm sei „schon im Ansatz ohne hinreichenden Anspruch“. Im November monierte der Expertenrat erneut, dass es im Verkehrsbereich beim Klimaschutz viel zu langsam vorangehe.
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