Obwohl Wasserstoff aus erneuerbaren Energien hergestellt werden kann und bei der Verbrennung kein CO₂ freisetzt, ist die Herstellung und Anwendung von Wasserstoff sehr verlustreich. Daher ist der Einsatz von Wasserstoff nur in wenigen Fällen sinnvoll, um eine klimaneutrale Wirtschaft zu ermöglichen. Es gibt jedoch abwegige Ideen, die sich langfristig als teure Mogelpackung herausstellen werden (telepolis: 08.0323)
Kohle, Erdgas und Erdöl sollen durch Wasserstoff ersetzt werden
Aktuell deckt Deutschland den Großteil seines Energiebedarfs mit Kohle, Erdgas und Erdöl, die alle klimaschädlich sind. Die Idee, diese Energiequellen durch sauberen Wasserstoff zu ersetzen, ist verlockend. Wasserstoff kann mithilfe von Ökostrom erzeugt und in Gasnetzen sowie an Tankstellen genutzt werden. Das würde für Verbraucher den Vorteil bieten, dass sich nicht viel ändern müsste. Seit den 1970er-Jahren träumen Visionäre von einer Wasserstoffwirtschaft, die durch ehrgeizige Klimaschutz-Ziele und den Ukrainekrieg aktuell Auftrieb erfährt.
Die installierte Wind- und Solarleistung müsste fast auf das 40-Fache erhöht werden. Daher wird erwartet, dass die EU im Jahr 2050 knapp die Hälfte des benötigten Wasserstoffs aus anderen Ländern importieren müsste.
Der teure Traum von der Wasserstoffwirtschaft
Allerdings gibt es auch noch einen weiteren Haken der zunächst verlockend erscheinenden Wasserstoffwirtschaft: die Kosten. Da der Wasserstoff aus Strom erzeugt wird, kann er nicht günstiger als Strom sein. Es ist unwahrscheinlich, dass der Strompreis langfristig erheblich sinken wird.
Heizen oder Autofahren mit Wasserstoff wäre aufgrund der hohen Kosten ein Luxus, der die Frage aufwirft, ob sich Wasserstoff überhaupt durchsetzen wird. Insbesondere ärmere Länder werden wahrscheinlich noch lange Zeit auf günstigere fossile Energieträger zurückgreifen müssen. Es wäre ökologisch unsinnig, „sauberen“ Wasserstoff aus solchen Ländern zu importieren. Letztendlich wird aber der importierte Wasserstoff aus solchen Ländern als weitere Mogelpackung verkauft.
Transportprobleme: Warum Wasserstoff als Energieträger ineffizient ist
Aufgrund der geringen Energiedichte von Wasserstoff – ein Kubikmeter enthält nur etwa ein Achtel der Energie von Erdgas – ist der Transport ineffizient. Obwohl Wasserstoff-Pipelines bereits existieren, ist der relative Energieaufwand für den Betrieb der Pumpen etwa viermal so hoch wie bei Erdgas. Zudem kann nur etwa ein Achtel der Energie pro Stunde durch eine Wasserstoff-Pipeline transportiert werden, im Vergleich zu Erdgas. Um sicherzustellen, dass Wasserstoff an jeder Tankstelle verfügbar ist, wären unverhältnismäßig hohe Investitionen notwendig. Ein Tankwagen kann lediglich Wasserstoff für einige wenige Dutzend Autotankfüllungen transportieren. Der Import von gasförmigem Wasserstoff mittels Schiffen wäre ebenfalls ineffizient (Blackout-News: 26.03.23).
Wasserstoff als Basis für Methan, Methanol und Ammoniak?
Das Verflüssigen von Wasserstoff ist nur bei sehr niedrigen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt möglich und selbst dann enthält ein Liter weniger als ein Drittel so viel Energie wie Benzin. Die Verflüssigung erfordert rund 40 Prozent der im Wasserstoff gespeicherten Energie, was die Kosten erhöht. Daher wird importierter Wasserstoff, der in entfernten Regionen mit billigem Ökostrom produziert wird, wahrscheinlich ungefähr gleich teuer sein wie heimischer Wasserstoff.
Um die Herausforderungen bei der Handhabung von Wasserstoff zu überwinden, wird diskutiert, aus Wasserstoff andere Verbindungen wie Methan (CH4), Methanol (CH3OH) oder Ammoniak (NH3) herzustellen. Methan kann einfach ins Gasnetz eingespeist werden, da es der Hauptbestandteil von Erdgas ist. Methanol hingegen ist flüssig und leicht zu transportieren.
Ammoniak lässt sich durch Verdichtung verflüssigen, jedoch erfordert die Herstellung von Wasserstoffverbindungen 20 bis 40 Prozent der Energie und ist daher keine besonders effiziente Lösung.
Sicherheitsrisiko Wasserstoff: Explosionen an Tankstellen und in Transporten
Die Handhabung von Wasserstoff birgt auch sicherheitstechnische Herausforderungen. Obwohl jeder Energieträger potenziell gefährlich sein kann, bildet Wasserstoff mit Luft ein besonders leicht entzündliches Gemisch. Die erforderliche Zündenergie ist so gering, dass unter Druck ausströmender Wasserstoff sich oft selbst entzündet.
2019 gab es Explosionen an einer Wasserstoff-Tankstelle in Norwegen und an einem Wasserstoff-Tanklastzug in Kalifornien, die durch Montagefehler verursacht wurden.
Im selben Jahr explodierte in Südkorea ein 40.000-Liter-Wasserstofftank, da während der Produktion in einer Forschungsanlage ein Teil des gleichzeitig entstehenden Sauerstoffs in den Tank gelangen konnte.
Mogelpackung Wasserstoff als Treibstoff
Langfristig sollten Fahrzeuge wie Autos, Lkws, Busse und Züge möglichst elektrisch fahren, mit Strom aus Akkus oder Oberleitungen. Wenn der Strom an Bord der Fahrzeuge mit einer Brennstoffzelle aus Wasserstoff erzeugt wird, steigt der Stromverbrauch auf mehr als das Doppelte. Im Fernverkehr kann das dennoch die einzige gangbare Option sein.
Die direkte Nutzung von Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen, die aus Wasserstoff hergestellt wurden, in Verbrennungsmotoren ist am schlechtesten. Damit sind auch die propagierten E-Fuels nichts anderes als eine Mogelpackung. Hier wird pro Kilometer bis zu sechsmal so viel Strom wie bei direktem Elektroantrieb verbraucht! Für die Luftfahrt ist synthetisches Kerosin aus Wasserstoff jedoch wahrscheinlich notwendig, da große Flugzeuge für Mittel- und Langstrecken kaum elektrifizierbar sind und der Verzicht auf das Fliegen nicht vollständig umsetzbar sein wird.