Über die Gefahren eines Blackouts wird seit Ausbruch des Ukraine-Krieges ernsthaft gesprochen, die Kommunen betreiben bereits handfeste Vorsorge. Es geht hierbei nicht um einen lokalen, kurzfristigen Stromausfall, sondern um einen flächendeckenden, der möglicherweise tagelang andauert. Bekannte Folgen sind der Ausfall von Licht, Ampeln, Telekommunikation, Internet, sonstigen Medien, Gefriertruhen, Supermärkten, Tankstellen und nach einiger Zeit auch der Wasserversorgung. Da stellt sich natürlich die Frage, was eigentlich mit dem Bitcoin-Netzwerk bei einem Blackout passiert – dieses existiert schließlich nur im Internet (BTC – Echo, 18.10.2022).
Kann das Bitcoin-Netzwerk bei einem Blackout kollabieren?
Die kurze Antwort vorweg: Nein, vollkommen kollabieren kann es selbst bei einem Blackout in einem ganzen Land nicht. Es existiert nämlich weltweit. Davon abgesehen ist ein längerer Blackout in einem ganzen Land ein recht unwahrscheinliches Szenario, jedenfalls auf längere Sicht. Zum Vergleich, auch wenn er unschön ist: Selbst in der Ukraine, deren Energieversorgung mit heutigem Stand (20. Oktober 2022) zu 40 % durch russischen Beschuss beschädigt ist, fällt der Strom höchstens stundenweise und kaum jemals flächendeckend aus. Von so einem Szenario sind nicht angegriffene Staaten mit einer funktionierenden Infrastruktur sehr weit entfernt. Überwiegend fällt der Strom temporär aus. In Deutschland mussten die Menschen 2021 durchschnittlich mit 6 bis 12 Minuten Stromausfall pro Jahr leben (je nach Bundesland). Den längsten Ausfall über 30 Stunden gab es in Berlin, weil ein Bagger eine Leitung durchtrennt hatte.
Blackouts spielen sich fast immer nur regional ab, weil beispielsweise ein lokales Verteilerzentrum technische Schwierigkeiten hat oder ein Unwetter Stromleitungen beschädigt. Solche lokalen Blackouts in Deutschland könnten dem Bitcoin gar nichts anhaben. Etwas anders stellt sich die Situation in den USA, in China und Kasachstan dar, denn hier haben sich wegen der günstigeren Strompreise sehr viele Mining-Farmen angesiedelt. Doch auch die längeren Stromausfälle in den USA schadeten bislang dem Bitcoin-Mining noch nicht. Allerdings sind große, sich weit erstreckende und lange andauernde Blackouts natürlich nicht auszuschließen. Sie würden zunächst bei der Hashrate auffallen.
Stromausfall und Hashrate
Die Hashrate ist die Rate der neu geschürften Bitcoins. Wenn die Miner mangels Strom nicht mehr arbeiten können, muss sie drastisch sinken. So etwas wurde auch schon beobachtet, nämlich in China nach dem dortigen Verbot des Bitcoin-Minings im Jahr 2021. Die chinesische Hashrate sank daraufhin drastisch. Es gibt sie noch, weil chinesische Miner weiter im Verborgenen operieren, doch ihr Rückgang ist signifikant. Im Juni 2021 kamen noch 34 % der globalen Krypto-Rechenleistung aus China, dann folgte das Verbot. Inzwischen sind es nur noch 22 %. Diese 22 % wurden übrigens nach dem Totalverbot erst wieder neu aufgebaut. Kurzfristig fehlten ab Sommer 2021 dem BTC-Protokoll sogar 34 % seiner Mining-Kapazitäten.
Genau dasselbe würde bei einem Blackout in einem der Mining-Zentren passieren. Es ist allerdings durch das weltweite Krypto-Netzwerk zu erwarten, dass die Ausfälle an anderer Stelle relativ schnell ausgeglichen werden. Das geschah auch nach dem chinesischen Mining-Verbot. Miner in anderen Staaten sprangen ein, einige chinesische Miner machen illegal weiter, die Hashrate hat inzwischen neue Höchstwerte erreicht. Das bedeutet: Wenn es nicht einen weltweiten, gleichzeitigen Stromausfall gibt, geht der Bitcoin nicht unter. Bestenfalls wird seine Hashrate kurzzeitig ausgebremst. Ein globaler Blackout wiederum ist so wahrscheinlich wie ein vernichtender Asteroideneinschlag. Darüber muss auch niemand nachdenken, denn Überlegungen zu Bitcoin & Co. wären dann ja wohl obsolet. Es ginge viel eher ums nackte Überleben.
Alternativen zum konventionellen Internet
Trotz des recht unwahrscheinlichen Szenarios eines globalen oder auch nur sehr großflächigen (vielleicht kontinentalen) Blackouts gibt es dennoch schon die Pläne B und C für diese Situation. Als Plan ₿ könnte man die Satellitenverbindungen betrachten, die immerhin das Internet sichern und jedermann Zugang zum Netz verschaffen, der zumindest eine Powerbank besitzt. Das Krypto-Unternehmen Blockstream beispielsweise betreibt sechs Satelliten. Blockstream wurde von Adam Back gegründet, der zuvor das Verfahren Proof of Work erfunden oder vielmehr etabliert hatte.
Für seine Bitcoin-Satelliten verspricht er, dass diese die Blockchain kostenlos und 24/7 gegen Netzwerkunterbrechungen schützen, und zwar weltweit. Dass Satellitenverbindungen eine sichere Sache sein können, hat zuletzt Elon Musk mit Starlink bewiesen, der damit immerhin sogar das ukrainische Militär unterstützt (wenn auch je nach seiner Lust und Laune). Der Plan C wäre das Mining mit dem kryptografischen Algorithmus SHA-256, der sich zur Not auf Papier ausführen lässt. Dabei schafft ein geschickter Miner einen Durchlauf in geschätzten 17 Minuten, was täglich 0,67 Hashes entspräche. Und selbst wenn das Bitcoin-Netzwerk bei einem globalen Blackout zwischenzeitlich komplett stillstände: Irgendwann würde es wieder laufen. Die Miner würden dort weitermachen, wo sie aufgehört hatten.
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