Mitten in Sachsens Wäldern könnten bald 24 Windkraftanlagen entstehen – dazu Solarparks auf mehr als 150 Hektar bewaldeter Fläche. Umgerechnet entspricht das rund 250 Fußballfeldern. Für die Energiewende müssten diese Flächen vollständig gerodet werden. Die rechtliche Grundlage liefert ein Beschluss des Sächsischen Landtags aus dem Dezember 2022. Damals legte die sogenannte Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD fest, dass Wind- und Solarparks künftig auch im Wald möglich sein sollen. Vor allem die Grünen hatten diesen Schritt im Koalitionsvertrag durchgesetzt. (BILD, 20.06.2025)
Windräder im Forst: Konflikt zwischen Klima- und Umweltschutz
Inzwischen prüfen mehrere Landkreise konkrete Anträge für Windkraftprojekte im Wald. Besonders betroffen: der Landkreis Görlitz mit 17 geplanten Anlagen in Schleife. Auch in Bautzen, Mittelsachsen und im Vogtland laufen Prüfverfahren. Für jedes Windrad müssen Experten zufolge mindestens 0,43 Hektar Wald weichen. Hinzu kommen zusätzliche Flächen für Bauzufahrten, Netzanschlüsse und Trassen, wodurch sich der Eingriff schnell auf bis zu einen Hektar pro Anlage ausdehnt.
Kritik kommt inzwischen sogar aus dem grünen Umfeld. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Sachsen fordert angesichts der Entwicklungen strenge Regeln für Projekte im Wald. „Gerade Wald bindet Treibhausgase und bietet zugleich vielen Arten eine Heimat. Und es gibt genügend geeignete Flächen für Windanlagen außerhalb des Waldes. Waldstandorte dürfen nur genutzt werden, wenn nachweislich keine ausreichend verträglichen Standorte außerhalb des Waldes bestehen“, so BUND-Landeschef Felix Ekardt. Aus seiner Sicht braucht jedes einzelne Projekt im Wald eine sorgfältige naturschutzfachliche Prüfung und eine Einbindung der lokalen Bevölkerung.

Solarflächen statt Mischwald: Der nächste Eingriff droht
Nicht nur Windkraft betrifft die Wälder. Auch der Ausbau von Photovoltaik frisst sich tief in die Natur. Laut einer Anfrage der Linksfraktion im Sächsischen Landtag sind bereits 20 Solarparks im Wald genehmigt oder realisiert worden. Die Fläche: über 153 Hektar. In Elsterheide (Landkreis Bautzen) fiel allein 20 Hektar gesunder Mischwald einem PV-Projekt zum Opfer.
Widerstand gegen diese Eingriffe formiert sich zunehmend – besonders in den direkt betroffenen Regionen. Bürgerinitiativen organisieren Proteste und fordern eine naturverträglichere Umsetzung der Energiewende. Vor dem Landtag demonstrierten zuletzt zahlreiche Kritiker gegen weitere Windräder in Sachsens Wäldern.
Kretschmer: Energiewende braucht ein neues Tempo
Auch in der Landespolitik mehren sich kritische Stimmen. Ministerpräsident Michael Kretschmer äußerte Zweifel am eingeschlagenen Kurs. Der Windkraftausbau müsse langsamer erfolgen, die Ziele bräuchten eine Neuausrichtung. In seinen Worten: „Unser aktuelles Tempo ist falsch.“
Die Debatte über die Balance zwischen Energieversorgung und Naturerhalt spitzt sich weiter zu. Während Klimaschutzziele den Druck zum Ausbau erneuerbarer Energien erhöhen, wächst gleichzeitig die Sorge um den Verlust wertvoller Waldflächen. Die Entscheidung über Sachsens Energiezukunft bleibt ein Drahtseilakt zwischen politischem Willen, gesellschaftlichem Widerstand und ökologischer Verantwortung.
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