Im letzten Jahr haben deutsche Stromverbraucher einen hohen Millionenbetrag für ungenutzten Ökostrom gezahlt. Allein im ersten Halbjahr 2022 haben die Netzbetreiber 5419 Gigawattstunden Ökostrom abgeregelt und damit fast so viel wie im gesamten Vorjahr (augsburger-allgemeine: 03.07.23). Im ersten Halbjahr fielen dafür insgesamt 148 Millionen Euro Entschädigung an die Betreiber von Energieanlagen an. Die Kosten dafür tragen die Verbraucher über die Umlage auf den Strompreis. Die Zahlen für das ganze Jahr will die Bundesnetzagentur im Laufe der Woche veröffentlichen.
Verbraucher zahlen Millionen für abgeregelte Ökostrom-Anlagen
Jens Spahn, stellvertretender Unionsfraktionschef, forderte die Bundesregierung auf, sich stärker für Energiespeicheranlagen einzusetzen angesichts der großen Menge ungenutzten Stroms. Er nannte fehlende Speichermöglichkeiten als Schwachstelle der erneuerbaren Energien. Spahn sagte: „An guten Tagen wird Strom teuer entsorgt, an schlechten kaufen wir Atomstrom aus Frankreich und immer zahlen die Bürger“. Er forderte wirtschaftliche Anreize und rechtliche Rahmenbedingungen zur Förderung von Speicheranlagen.
Regionale Energieversorger beklagen seit langem die unwirtschaftlichen Bedingungen, überschüssigen Windstrom mit Power-to-Gas-Anlagen in künstliches Erdgas umzuwandeln und im Gasnetz zu speichern. Spahn sagte, dass Habeck dies früher heftig kritisiert habe, aber nun nichts unternehme, obwohl das Problem größer denn je sei.
Wirtschaftsminister Aiwanger kämpft für günstigen Strom und grünen Wasserstoff
Aiwanger, der bayerische Wirtschaftsminister, fordert ebenfalls eine Begrenzung der Strom-Abregelung. Er betont, dass es wichtig sei, den Strom in Zeiten des Überschusses günstiger an Verbraucher abzugeben, um Angebot und Nachfrage besser in Einklang zu bringen. Außerdem müssten die Energieversorger überschüssigen Strom verstärkt zur Wärmeproduktion oder zur Herstellung von Wasserstoff nutzen. Aiwanger fordert den Ausbau von Speichern und Elektrolyse als dringend erforderliche Maßnahmen.
Die Bundesregierung hat bereits verbesserte Rahmenbedingungen für die Umwandlung erneuerbarer Energien in Wasserstoff geschaffen und seit diesem Monat ist Strom für die Produktion von grünem Wasserstoff von zahlreichen Abgaben befreit.
Reform des Entschädigungssystems und Ausbau der Stromnetze dringend nötig
Der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft fordert eine Reform des Entschädigungssystems. Der Hauptgeschäftsführer des VBEW, Fischer, kritisiert, dass Anlagenbetreiber von Wind- und Photovoltaikanlagen seit über 20 Jahren ein Privileg genießen, indem sie unabhängig von ihrer Produktion bezahlt werden. Er betont, dass dies keine dauerhafte Lösung sein könne.
Der Zuwachs an erneuerbaren Energien übersteigt das Ausbaupotenzial der Stromnetze, was zu großen Mengen an überschüssigem Strom führt.
Der Geschäftsführer des VBEW, Fischer, betonte, dass der Netzausbau, insbesondere bei den Übertragungsnetzen, schon viel weiter sein müsste. Allerdings hat die Bayerische Staatsregierung den Ausbau auch lange Zeit blockiert. Inzwischen scheint ein Umdenken stattgefunden zu haben, was erfreulich ist. Dennoch ist der Netzausbau nur ein Teil der Lösung. Es ist wichtig, den überschüssigen Ökostrom aus Wind- und Photovoltaikanlagen für Zeiten mit wenig Sonne und Wind zu speichern und dann zu nutzen, wenn man ihn benötigt, so der VBEW-Geschäftsführer.
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