US-Konzerne wollen deutsche Atomkraftwerke zurück ans Netz bringen

Seit dem endgültigen Atomausstieg im April 2024 stehen Deutschlands Reaktoren still. Anlagen wie das AKW Emsland in Lingen befinden sich im Rückbau. Doch US-Konzerne wittern eine strategische Gelegenheit: Sie prüfen die Übernahme stillgelegter deutscher Kernkraftwerke, um diese wieder in Betrieb zu nehmen. Das Interesse reicht weit über technische Machbarkeit hinaus – wirtschaftliche Argumente und geopolitische Überlegungen spielen eine zentrale Rolle (bild: 22.05.25).


US-Konzerne wollen Reaktoren zurück ans Netz bringen

In Berlin trafen sich am Donnerstag Vertreter aus Politik und Energiewirtschaft im Luxushotel „de Rome“. Mitten unter ihnen: Mark Nelson, Nuklearingenieur aus Chicago und Gründer der Radiant Energy Group. Gemeinsam mit weiteren US-Konzernen analysiert er seit Monaten die Kosten und Chancen eines Wiedereinstiegs.

US-Konzerne planen die Übernahme deutscher AKW zur Reaktivierung und treiben ein mögliches Comeback der Kernkraft in Deutschland voran
US-Konzerne planen die Übernahme deutscher AKW zur Reaktivierung und treiben ein mögliches Comeback der Kernkraft in Deutschland voran

„Es gibt auf der ganzen Welt keine günstigere Art, Strom zu erzeugen, als mit euren abgezahlten AKW“, erklärt Nelson im Gespräch mit BILD. Nach seiner Einschätzung könnten neun stillgelegte Anlagen wieder ans Netz gehen. Die angeblich zu hohen Betriebskosten hält er für ein politisch motiviertes Argument – oder schlicht für falsch.

Subventionen verzerren den Strommarkt

Nelson verweist auf milliardenschwere Förderungen für fossile Kraftwerke. Diese Subventionen verzerren die Wirtschaftlichkeit von Atomstrom massiv. Währenddessen liefern erneuerbare Energien im ersten Quartal 2025 lediglich rund 47 Prozent des Stroms – zu wenig, um Versorgungssicherheit allein zu gewährleisten.

Gleichzeitig plant die Bundesregierung bis zu 20 Milliarden Euro für neue Gaskraftwerke. Der Kohleausstieg soll beschleunigt werden, ohne das Risiko eines Blackouts einzugehen. Trotzdem haben Energiekonzerne wie RWE und E.ON der Atomkraft öffentlich abgeschworen – obwohl interne Berechnungen laut Insidern weiterlaufen.

Künstliche Intelligenz heizt Strombedarf an

Nelson kritisiert den Zeitpunkt des Ausstiegs deutlich: „Ihr seid genau dann aus der Kernkraft ausgestiegen, als ChatGPT auf den Markt gekommen ist. Jeder weiß, dass KI unendlich viel Energie braucht und genau dann schaltet ihr die besten Kraftwerke der Welt ab.“

Auch Fatih Birol, Präsident der Internationalen Energieagentur, teilt diese Analyse. Er gilt als einer der einflussreichsten Energieexperten weltweit. Birol erwartet ein Comeback der Kernenergie – nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern auch als Reaktion auf den steigenden Energiebedarf durch Digitalisierung.


Kurswechsel in Berlin

Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hat beim Treffen der EU-Wettbewerbsminister eine neue Richtung eingeschlagen. Erstmals äußerte sie sich offen für die Förderung von Small Modular Reactors (SMR) über EU-Gelder – ein Schritt, den Deutschland bislang blockiert hatte.

Auch Kanzler Friedrich Merz deutet eine Kehrtwende an. Er möchte den Widerstand gegen die französische Initiative aufgeben, Kernkraft in der EU-Taxonomie als nachhaltige Energieform einzustufen. Frankreich verfolgt diese Linie konsequent. Ministerin Reiche betonte: „Fakt ist aber, dass jede Tonne CO2, die wir einsparen können, gut ist. Hier müssen wir technologieoffen sein.“

US-Konzerne verfolgen diese Signale mit besonderem Interesse. Ein politisches Umdenken in Berlin könnte ihnen den Weg ebnen – und Deutschlands AKW erneut zum Leben erwecken.

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