Steigende Preise für Erdgas in den USA setzen eine Kettenreaktion auf den internationalen Märkten in Gang. Der starke Anstieg wirkt sich nicht nur auf Nordamerika aus – auch in Deutschland steigen die Kosten für Verbraucher wieder spürbar. Früh einsetzender Winter, rekordhohe Exporte, schwankende Gaspreise, zunehmende Abgaben und die globale Energieversorgung prägen eine Entwicklung, die viele Haushalte direkt trifft (wj: 13.11.25).
Exporte und Wetter treiben internationale Märkte an
In den USA notieren Terminkontrakte für Dezember bei 4,646 US-Dollar pro MMBtu – rund 67 % höher als im Vorjahr. Für Januar zeigt sich ein noch stärkerer Anstieg. Auslöser sind hohe LNG-Ausfuhren und frühe Kälteeinbrüche. Die Exporte erreichen ein Niveau, das den US-Markt verknappt und damit auch Europa beeinflusst.

In der ersten Novemberwoche verließen 34 LNG-Tanker mit zusammen 129 Milliarden Kubikfuß Flüssiggas amerikanische Exportterminals. Diese Mengen belasten das Gleichgewicht auf dem Weltmarkt und wirken sich auf die europäische Preisbildung aus. Deutschland ist indirekt betroffen, da die Energieversorgung zunehmend über LNG erfolgt.
Kosten steigen auch in Deutschland
Obwohl kein Pipeline-Gas aus den USA bezogen wird, treffen die globalen Preisbewegungen deutsche Haushalte spürbar. Inzwischen werden rund 13 % der Gasimporte über Terminals abgewickelt. Viele dieser Lieferungen stammen aus den USA. Neue Anlagen wie das Terminal in Wilhelmshaven verstärken diesen Effekt zusätzlich. Der europäische TTF-Index kletterte Anfang 2025 auf ein Zwei-Jahres-Hoch.
Die durchschnittlichen Endpreise liegen laut Bundesnetzagentur 2025 bei etwa 12,13 ct/kWh. Das ist fast doppelt so viel wie vor der Energiekrise. Die Kosten für private Haushalte steigen, obwohl sich die Großhandelspreise unter den historischen Extremwerten bewegen.
Politisch bedingte Preisaufschläge verschärfen die Lage
Ein wesentlicher Preistreiber bleibt der nationale CO₂-Preis. Seit Januar liegt er bei 55 Euro je Tonne, was den Erdgaspreis um 0,65 ct/kWh erhöht. Diese Abgaben fallen unabhängig vom Marktpreis an. Auch bei den Netzentgelten ist keine Entlastung in Sicht. Für 2026 rechnet Verivox mit einem durchschnittlichen Anstieg von 11 %, was jährlich etwa 36 Euro Zusatzkosten für einen durchschnittlichen Haushalt bedeuten kann.
Hinzu kommt: Energieversorger beschaffen oft langfristig. Dadurch wirken sich Preisbewegungen erst mit Verzögerung auf die Endabrechnung aus. Während der Rohstoffpreis im US-Großhandel bei rund 1,5 ct/kWh liegt, zahlen deutsche Kunden über 12 ct/kWh. Diese Differenz erklärt sich vor allem durch Transport, Vertrieb und Netzkosten.
Begrenzte Reaktion auf steigende Preise
Haushalte reagieren nur in geringem Maße auf Preissteigerungen. Eine Studie aus dem Jahr 2024 zeigt, dass selbst bei einem Anstieg der Gaspreise um 10 % der Verbrauch lediglich um 0,4 % sinkt. Die ermittelte Preiselastizität liegt bei −0,04. Besonders einkommensschwache Haushalte trifft das hart: Laut DIW wenden sie im Schnitt 11,7 % ihres Einkommens für Gas auf, während Gutverdiener bei 2,4 % liegen.
Die steigenden Kosten lassen sich für viele nicht vermeiden. Günstige Alternativen zum Heizen mit Erdgas fehlen häufig oder lassen sich nicht kurzfristig realisieren. Die finanzielle Belastung steigt, obwohl der Verbrauch kaum sinkt.
Dauerhafte Preisrisiken durch globale Energieversorgung
In den Jahren 2022 und 2023 konnte Deutschland seinen Gasverbrauch durch milde Winter, Sparverhalten und sinkende Industrieproduktion stark reduzieren. Seit 2024 steigt der Bedarf jedoch wieder leicht. Die strukturellen Ursachen für die hohen Kosten bleiben bestehen: Abgaben, Netzkosten und internationale Gaspreise wirken dauerhaft preistreibend.
Die Entwicklung in den kommenden Monaten hängt maßgeblich vom Wetter in Europa und Nordamerika ab. Sollte es im Winter zu einer anhaltenden Kältewelle kommen, könnten sich die Lager leeren – und die Preisspirale sich erneut drehen. Für viele deutsche Haushalte würde das weitere Mehrkosten bedeuten.
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