Trockenheit führt zu weniger Strom aus Wasserkraft in Norwegen

Süd-Norwegen erlebt aktuell eine ungewöhnlich lange Trockenperiode. Seit Ende März blieb der erwartete Niederschlag aus. Die Schneereserven lagen Mitte Mai auf dem niedrigsten Stand der vergangenen 25 Jahre. Zwar befindet sich der Füllstand der Wasserkraftspeicher noch im saisonalen Normalbereich, doch der Schmelzwasserzufluss bleibt weit hinter dem Durchschnitt zurück. Die Wasserkraft gerät dadurch in eine kritische Lage (montel: 27.05.25).


Engpass-Szenario belastet die Wasserkraft

Analysen zeigen: Das aktuelle Schnee- und Grundwasservolumen liegt etwa 10 TWh unter dem langjährigen Mittelwert. Im Verlauf des Sommers könnte sich daraus eine Speicherlücke von rund 17 % ergeben – vorausgesetzt, die Niederschläge normalisieren sich. Um eine Versorgungslücke im Frühjahr 2026 zu verhindern, müssen Kraftwerksbetreiber ihre Produktion deutlich drosseln. In den ersten Maitagen spiegelte sich diese Entwicklung bereits in einem Anstieg der Spotpreise im Gebiet NO2, das sich preislich zunehmend an Deutschland angleicht.

Anhaltende Trockenheit gefährdet Norwegens Wasserkraft – Süd-Norwegen droht der Wandel vom Stromexporteur zum Stromimporteur
Anhaltende Trockenheit gefährdet Norwegens Wasserkraft – Süd-Norwegen droht der Wandel vom Stromexporteur zum Stromimporteur

Prognosen auf Basis von 43 Jahren Wetterdaten zeigen für den Sommer und Herbst 2025 deutlich unterdurchschnittliche Zuflüsse. Der daraus resultierende Rückgang der Erzeugung dürfte die Exportmöglichkeiten stark einschränken. Während im Vorjahr noch 11,1 TWh Strom exportiert wurden, liegt der erwartete Nettoexport 2025 nur noch bei 3,0 TWh – ein Rückgang von über 70 %.

Im Extremfall drohen Importe

Im schlimmsten Fall, dem sogenannten 5-Prozent-Szenario, sinkt die Produktion auf 80 % des Normalwerts. Dann wären sogar Stromimporte notwendig, um die Grundversorgung sicherzustellen. Für das Gebiet NO2 bedeutet das: Preise könnten das deutsche Niveau übertreffen. In dieser Konstellation droht Süd-Norwegen erstmals in eine Nettoimportlage zu rutschen.

Die Speicherfüllstände würden laut Modellrechnung in diesem Szenario bis Ende November auf nur 60 % absinken – das historische Minimum. Um diese kritische Schwelle nicht zu unterschreiten, müssten die Wasserkraftwerke ihre Leistung über Monate stark drosseln. Die daraus resultierende Stromknappheit hätte direkte Auswirkungen auf den Preis.

Speicherdefizit bleibt bestehen

Die Auswertung der Wochen 23 bis 44 zeigt, dass die erwarteten Zuflüsse rund 10 TWh unter dem langjährigen Durchschnitt liegen. Das deckt sich mit dem festgestellten Defizit bei Schnee und Grundwasser. Die Schwankungsbreite der Szenarien beträgt etwa 18 TWh. Selbst im optimistischen Fall liegt der Zufluss deutlich unter dem Normalwert. Die daraus abgeleitete Spanne bei den Speicherfüllständen liegt bei rund ±15 %.

Für eine gesicherte Stromversorgung im kommenden Frühjahr müsste der Speicherstand Ende November mindestens 75 % erreichen. Das erscheint unter den derzeitigen Bedingungen unrealistisch. Im Mittelwert-Szenario mit 90 % Produktionsleistung sind nur rund 81 % Füllstand erreichbar. Bei einer Vollauslastung der Wasserkraftwerke sinkt der Wert auf 75 % – und das unter idealen Wetterbedingungen.


NO2-Preise nähern sich deutschem Niveau

Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich ein klarer Trend: Die Strompreise im Gebiet NO2 bewegen sich deutlich näher am deutschen Markt. Im Mai 2024 betrug die Preisdifferenz noch 25,69 EUR/MWh, während sie im Mai 2025 auf nur 1,10 EUR/MWh geschrumpft ist. Grund dafür ist die sinkende Exportmenge. Statt durchschnittlich 2950 MW in Q3 2024 rechnen Analysten dieses Jahr nur mit rund 800 MW.

Diese Annäherung führt zu höheren Strompreisen in NO2, ohne das NordPool-System insgesamt stark zu beeinflussen. Für den Sommer 2025 werden durchschnittliche Preise von etwa 70 EUR/MWh prognostiziert. Die Wasserkraft bleibt damit der entscheidende Faktor für Preisniveau und Versorgungssicherheit – nicht nur in Norwegen, sondern im gesamten nordischen Strommarkt.

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