Die Entscheidung des Elektronikkonzerns Technisat, seine Produktion vom sächsischen Schöneck nach Polen zu verlagern, trifft die Region ins Mark. Das Werk, das über drei Jahrzehnte Bestand hatte, schließt. Rund 70 Beschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz. Das Unternehmen begründet den Schritt mit hohen Energie- und Personalkosten, zunehmender Bürokratie und fehlender Kaufbereitschaft für deutsche Produkte. Statt in Sachsen will Technisat künftig im polnischen Oborniki fertigen – schneller und kostengünstiger (mdr: 25.07.25).
Mittelstand unter Druck
Für Geschäftsführer Stefan Kön liegt das Problem tiefer. Steigende Betriebskosten erschweren es mittelständischen Unternehmen, in Deutschland wettbewerbsfähig zu produzieren. Der zunehmende Preisdruck auf dem Markt zwinge zur Verlagerung. „Der Faktor ‚Made in Germany‘ ist leider oft kein ausreichender Kaufanreiz mehr, wenn damit höhere Preise verbunden sind.“ Diese Entwicklung gefährdet nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch den industriellen Kern vieler Regionen.

Hinzu kommt ein Wertewandel auf Konsumentenseite: Qualität und Herkunft treten zunehmend hinter dem Preis zurück. Diese Mentalität verleiht ausländischen Produktionsstandorten einen klaren Vorteil. Technisat plant deshalb, seine Fertigung nach Polen zu verlagern. Der Standort in Oborniki bei Poznań soll ausgebaut werden, um schneller und günstiger produzieren zu können.
Bürgermeister reagiert empört
Die Entscheidung kam für die kommunale Politik völlig überraschend. Schönecks Bürgermeister Andy Anders zeigte sich tief enttäuscht. Er unterbrach sogar seinen Urlaub, um an einer kurzfristig angesetzten Krisensitzung teilzunehmen. Dort sollen Vertreter des Landtags, der Landrat und Technisat-Geschäftsführer Stefan Kön gemeinsam über mögliche Perspektiven beraten.
„Es ist absolut nicht nachvollziehbar, dass sich hier im Vorfeld keiner mit uns in Verbindung gesetzt hat“, betonte Anders. Für ihn gehe es nicht nur um das Gebäude in Schöneck, sondern um 70 Existenzen im oberen Vogtland. Besonders stößt ihm auf, dass keine Gespräche über mögliche Alternativen stattgefunden haben. Ein Austausch hätte Chancen eröffnen können, Lösungen zu finden.
Ein Werk mit Geschichte
Seit 1992 produziert Technisat im Vogtland Unterhaltungselektronik. Die letzte Modernisierung des Standorts erfolgte 2011. Auf der Unternehmenswebsite wurde das Werk stets als bedeutender Teil der Firmengruppe beschrieben. In Spitzenzeiten stellten die Beschäftigten dort nicht nur Receiver und Leiterplatten her, sondern auch FFP2-Masken während der Corona-Pandemie. Nun verlieren alle ihre Jobs. Die Firmenleitung verspricht sozialverträgliche Lösungen, hält sich jedoch über Details bedeckt.
Technisat äußerte sich bislang nicht zum exakten Zeitpunkt der Schließung. Offen bleibt auch, wie die regionale Wirtschaft mit dem Verlust umgehen kann. Der Standort Staßfurt in Sachsen-Anhalt bleibt zwar erhalten, doch die Zukunft der deutschen Produktion scheint insgesamt unsicher.
Ausblick trübt sich ein
Mit der Produktionsverlagerung nach Polen setzt Technisat auf Kostensenkung und Flexibilität. Gleichzeitig vergrößert sich die Kluft zwischen wirtschaftlichen Zwängen und gesellschaftlicher Verantwortung. Neben dem Werk in Polen betreibt das Unternehmen auch eine Fertigung in Ungarn. Der Rückzug aus Schöneck markiert einen weiteren Schritt hin zu einer Entindustrialisierung kleinerer Regionen in Deutschland.
Die Lage im Vogtland zeigt exemplarisch, wie tiefgreifend sich wirtschaftliche Rahmenbedingungen auf industrielle Standorte auswirken. Wenn weder Politik noch Unternehmen frühzeitig gemeinsam handeln, geraten nicht nur Betriebe, sondern ganze Regionen ins Wanken.
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