In Förderstedt bei Staßfurt entsteht ein Stromspeicher, der in Deutschland bisher Maßstäbe sprengt – und zugleich offenlegt, wie begrenzt der Nutzen solcher Großanlagen im Stromnetz ist. Mit mehr als 700 Megawattstunden Kapazität wird hier ein Stromspeicher errichtet, der rechnerisch genug elektrische Energie für rund 500.000 Haushalte bereithält. Allerdings nur für etwas mehr als zwei Stunden und zu einem Preis von über 20 Cent pro Kilowattstunde. Für ein industriell geprägtes Energiesystem bleibt das ein teures Intermezzo, kein struktureller Ausweg aus den grundsätzlichen Problemen bei der Energiewende (welt: 04.11.25).
Stromspeicher als Netzpuffer für kurze Phasen
Stromspeicher wie diese Anlage nehmen elektrische Energie dann auf, wenn die Einspeisung aus Windkraft oder Photovoltaik kurzfristig höher ausfällt als der aktuelle Verbrauch oder als das Stromnetz transportieren kann. Insbesondere im Norden Deutschlands kommt es regelmäßig zu solchen Situationen. Eine zeitnahe Abnahme der erzeugten Windenergie ist dann nicht möglich, also muss dieser Strom kurzzeitig gespeichert oder abgeregelt werden. Der Energiepuffer mildert dieses Problem – aber eben nur für bestenfalls zwei Stunden und nicht für Tage.

Das Projekt in Förderstedt wird rein privat finanziert und ohne staatliche Fördermittel umgesetzt. Die geschätzten Kosten liegen bei ungefähr 250 Millionen Euro. Doch trotz dieser Unabhängigkeit bleibt eine betriebswirtschaftliche Last: Laut Berechnungen der Energieökonomin Veronika Grimm kostet eine gespeicherte Kilowattstunde aus Großbatterien derzeit über 21 Cent. Das schlägt sich in Netzentgelten und letztlich beim Verbraucher nieder. Ein Stromspeicher solcher Größenordnung gilt in der Branche daher als Instrument der Kurzzeitstabilisierung – nicht als Basis einer sicheren Energiezukunft.
Kurzfristige Entlastung, keine Dauerlösung für die Energiewende
Die grundlegende Herausforderung bleibt bestehen: Bei längeren Flauten, etwa in windarmen Winterphasen, hilft ein Speicher mit stundenweiser Reserve nicht weiter. Der Energiebedarf von Industrie, Haushalten und Infrastrukturen liegt weit über den Möglichkeiten solcher Batteriekonzepte. Während also kurzfristige Engpässe überbrückbar sind, öffnet sich bei längerem Niedergang der Erzeugung aus erneuerbaren Energien eine Versorgungslücke. Fachleute wie Michael Sterner betonen deshalb die Notwendigkeit ergänzender Technologien, insbesondere von Wasserstoffspeichern und anderen Langzeitspeichern.
Effizienz im Kleinen, Grenzen im Großen
Stromspeicher dieser Bauart spielen eine wichtige, aber eingegrenzte Rolle: Sie stabilisieren für kurze Zeiträume das Stromnetz und reduzieren kurzfristige Netzeingriffe und Abregelungen. Doch sie ersetzen keine systemweite Regulation oder saisonale Energiesicherung. Ein Versorgungsnetz, das auf Flexible Langzeitspeicher, Netzoptimierung und Lastmanagement verzichtet, bleibt verwundbar – auch mit den größten Batterien. Unter dieser Perspektive offenbart der Stromspeicher in Staßfurt das Spannungsfeld zwischen technischem Fortschritt und systemischer Begrenzung.
Er ist ein moderner Energiespeicher, der punktuell wirkt, aber strukturelle Engpässe nicht behebt. Ein Projekt, das eindrucksvoll Größe demonstriert, aber in der Sache kaum mehr als eine energetische Zwischenlösung bleibt – ohne Breitenwirkung für eine sichere, wirtschaftliche und verlässliche Energiewende.
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