Die Sozialversicherungen verursachen jährlich Verwaltungskosten in Höhe von rund 25 Milliarden Euro. Allein elf Milliarden entfallen auf die gesetzliche Krankenversicherung, jeweils fünf auf Renten- und Arbeitslosenversicherung. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger kritisiert diese Summe als überhöht und verweist darauf, dass sie die gesamten Ausgaben für Elterngeld, Wohngeld und BAföG übersteigt. Die Forderung: schlankere Strukturen, mehr Digitalisierung und weniger Bürokratie (faz: 30.05.25).
Verwaltungskosten hinterfragen statt verteidigen
Gewerkschaften wie Verdi reagieren empört und sprechen von Stimmungsmache gegen den Sozialstaat. Doch die Kritik zielt nicht auf die Abschaffung von Sicherungssystemen, sondern auf deren Struktur. Verwaltungskosten in dieser Größenordnung lassen sich nicht allein durch gesetzliche Vorgaben erklären. Ein Vergleich innerhalb der Systeme offenbart massive Unterschiede: Während die Rentenversicherung mit 1,2 Prozent Verwaltungskostenquote auskommt, liegt diese bei der Arbeitslosenversicherung bei rund 14 Prozent.

Diese Differenz zeigt, dass nicht jeder Euro effizient eingesetzt wird. Der Aufwand muss sich am Nutzen für Versicherte messen. Eine pauschale Verteidigung der bestehenden Strukturen blendet Reformpotenziale aus.
Digitalisierung senkt langfristig die Verwaltungskosten
Zahlreiche Vorgänge erfolgen noch immer papierbasiert. Formulare, Akten und Bescheide verursachen vermeidbaren Aufwand. Gleichzeitig sind viele IT-Strukturen nicht miteinander kompatibel. Das erhöht die Bearbeitungsdauer und belastet die Mitarbeiter in der Verwaltung zusätzlich. Moderne Verwaltungsprozesse können nicht auf analoge Routinen setzen, wenn gleichzeitig Milliarden eingespart werden sollen.
Digitale Lösungen ermöglichen schnellere Entscheidungen, niedrigere Verwaltungskosten und bessere Erreichbarkeit. Viele private Dienstleister und auch andere EU-Staaten zeigen, wie solche Systeme effektiv funktionieren können. Deutschland dagegen wirkt in Teilen wie ein Bürokratie-Archiv der 1990er-Jahre.
Reformbedarf durch demografischen Druck
Die Finanzierung der Sozialversicherungen steht unter zunehmendem Druck. Die Zahl der Beitragszahler sinkt, während die Zahl der Leistungsempfänger steigt. Verwaltungskosten in Milliardenhöhe lassen sich in diesem Kontext nicht länger als gegeben hinnehmen. Wer hier Reformen ablehnt, riskiert steigende Beiträge und sinkendes Vertrauen.
Selbst eine Einsparung von zehn Prozent würde 2,5 Milliarden Euro bedeuten – ein Signal an Beitragszahler, dass Effizienz zählt. Auch wenn dieser Betrag die Beitragssätze nur minimal beeinflusst, stärkt er langfristig die Akzeptanz des Systems.
Bürger erwarten Leistung – nicht nur Kosten
Verwaltungskosten allein garantieren keine Servicequalität. Viele Bürger berichten von überlasteten Hotlines, unklaren Bescheiden und langen Bearbeitungszeiten. Eine Verwaltung, die teuer ist, aber nicht funktioniert, gefährdet das Vertrauen in den Sozialstaat.
Die geplante Expertenkommission der Bundesregierung muss sich daher vor allem mit der Frage befassen, wie die Verwaltungskosten gesenkt und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit erhöht werden kann. Nur eine leistungsfähige, effiziente und moderne Verwaltung sichert die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme. Der Sozialstaat braucht kein weiteres Geld – er braucht eine Strukturreform.
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