Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) ist mit einem Vorstoß für die Abschaffung der Rente mit 63 für langjährig Versicherte auf scharfe Kritik gestoßen. „Das wäre ungerecht und würde die Menschen hart treffen, die ihr ganzes Leben lang und oft mit vollem körperlichen Einsatz hart gearbeitet haben“, erklärte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Auch weitere Politikerinnen von SPD und Linkspartei wandten sich dagegen.
Spahn begründete seinen Vorstoß mit dem Fachkräftemangel sowie hohen Kosten. „Die Rente mit 63 kostet Wohlstand, belastet künftige Generationen und setzt die falschen Anreize“, sagte der CDU-Politiker der „Bild am Sonntag“. Diese Möglichkeit müsse daher „abgeschafft und durch eine bessere Erwerbsminderungsrente ersetzt werden“. Die etwa zwei Millionen Fachkräfte, die früher in Rente gingen, fehlten der deutschen Wirtschaft „bitterlich“.
Die „BamS“ zitierte aus einer neuen Studie des Forschungsinstituts Prognos im Auftrag der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), wonach Beitragszahler wegen der Möglichkeit der abschlagsfreien Frühverrentung bis 2035 fast 140 Milliarden Euro zusätzlich zahlen müssen. Außerdem wäre die Fachkräftelücke laut den Studienautoren ohne die Möglichkeit der Rente mit 63 etwa zehn bis 20 Prozent kleiner und der Rentenbeitrag könnte niedriger ausfallen.
Schwesig wies darauf hin, dass nur Menschen die Rente mit 63 in Anspruch nehmen könnten, die in diesem Alter bereits 45 Versicherungsjahre aufweisen können. „Das sind zum Beispiel der Dachdecker, die Pflegekraft, die Verkäuferin hinter der Käsetheke im Supermarkt“, erklärte sie in Schwerin. Es sei für sie „auch ein Zeichen des Respekts, dass sie nach dieser langen Zeit ohne Abschläge in Rente gehen können“. Dem Fachkräftemangel lasse sich besser „mit guter Ausbildung, attraktiven Löhnen und familienfreundlichen Arbeitsbedingungen“ begegnen.
„Wir haben die Rente mit 63 gemeinsam mit CDU/CSU beschlossen, weil das der schweren Arbeit vieler Menschen Rechnung trägt, die schlicht nicht länger arbeiten können“, erklärte auch SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt. „Wer die Axt daran legt, erwirkt nichts anderes als eine Rentenkürzung für genau jene Leistungsträger.“
„Wer von flexiblem Renteneintritt redet, aber stets nur das Renteneintrittsalter nach oben schieben will, führt die Menschen hinters Licht“, kritisierte die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi. „Wer die, die ohnehin schon am Limit sind, weiterschuften lassen will, ist von der realen Arbeitswelt vieler sehr weit entfernt“, fügte sie hinzu. Als Mittel gegen Fachkräftemangel empfahl Fahimi „gute Arbeitsbedingungen, volle Bemühungen für Aus- und Weiterbildung und Digitalisierung“.
„Für Jens Spahn und die CDU sind Renten offenbar Almosen, die man nach Belieben kürzen kann“, kritisierte Linken-Parteichefin Janine Wissler. Viele Betroffene gingen vorzeitig in Rente, weil „der Körper nicht mehr mitmacht“, gab sie zu bedenken. Insofern würde Spahns Vorschlag auch „eine Rentenkürzung durch die Hintertür“ bedeuten. Wissler forderte zudem eine Rückkehr zum Renteneintrittsalter von 65 Jahren „für alle“ und ab 40 Versicherungsjahren ab 60. Außerdem sprach sie sich dafür aus, auch Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen.
AFP