Das hessische Sozialunternehmen Africa Greentec steht kurz vor dem Aus. Nur wenige Tage bleiben noch, um einen rettenden Investor zu finden. Das Unternehmen mit Sitz in Hainburg hat sich darauf spezialisiert, abgelegene Dörfer in Subsahara-Afrika mit sauberem Strom zu versorgen. Inzwischen droht jedoch das Ende eines einst gefeierten Pionierprojekts (fr: 24.05.25).
Klimafreundlicher Strom, prekäre Lage
Torsten Schreiber gründete Africa Greentec vor elf Jahren. Die Idee: Mobile Solarkraftwerke in Containern sollen abgelegene Regionen elektrifizieren, die keinen Zugang zu staatlichen Stromnetzen haben. Statt teurem Diesel erhalten die Bewohner dort bezahlbare Solarenergie. Dieses Modell schien ein Gewinn für alle: die Umwelt, die Dorfgemeinschaften und die Investoren.

Lange galt Schreiber als Vorzeigegründer. Zahlreiche Auszeichnungen würdigten seinen Einsatz, sogar Bundeskanzler Olaf Scholz nahm ihn 2022 mit zum Afrika-Gipfel in den Senegal. Doch trotz globalem Lob bleibt der wirtschaftliche Erfolg aus. Africa Greentec gerät zunehmend unter Druck. Ein Bericht des WDR machte die prekäre Finanzlage publik.
Rettungsversuch gescheitert
Ein deutscher Investor hatte bereits Interesse an einer Rettung gezeigt. Es ging um mehrere Millionen Euro. Kurzfristig sprang das Family Office jedoch wieder ab. Vorstand Wolfgang Rams und Gründer Schreiber bestätigten die dramatische Situation. Nun läuft die Zeit davon. Ohne neues Kapital droht der Gang zum Insolvenzgericht.
Die Lage spitzte sich weiter zu: Auch der komplette Aufsichtsrat hat inzwischen den Rückzug angekündigt. Benjamin Reddmann, Markus Urff und Constantin Schwaab erklärten, die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen sei nicht mehr tragbar. Reddmann kritisierte offen die Eigentümerstruktur und äußerte Zweifel an der Zukunftsfähigkeit des Modells.
Eigentümerstruktur unter Druck
Die Hauptversammlung am 25. Juni dürfte entscheidend sein. Noch hält Schreibers Beteiligungsgesellschaft 56 Prozent der Aktien. Das operative Geschäft übernahm im Mai Wolfgang Rams. Der Elektrotechniker mit BWL-Professur soll die wirtschaftliche Ausrichtung überarbeiten. Sein Ziel: Africa Greentec auf Profitabilität ausrichten.
Doch genau hier liegt ein strukturelles Problem. Der Ansatz, mit nachhaltiger Energieversorgung entlegene Regionen zu erreichen, ließ sich offenbar nur schwer gewinnbringend umsetzen. Hohe Kosten für Logistik und Instandhaltung treffen auf begrenzte Zahlungsfähigkeit vor Ort. Der ursprünglich soziale Anspruch kollidiert zunehmend mit wirtschaftlichen Zwängen.
Zwischen Idealismus und Realität
Torsten Schreiber betonte im Interview: Nach zehn Jahren Pionierarbeit werde Africa Greentec „in eine neue Phase eintreten“. Damit spielte er auf den notwendigen Wandel im Geschäftsmodell an. Idealismus allein genügt nicht mehr. Ohne tragfähige Finanzierung rückt die Mission in weite Ferne.
Zudem zeigen die Rücktritte im Aufsichtsrat, wie stark der interne Druck angestiegen ist. Die Verantwortlichen zweifeln offenbar an der Steuerungsfähigkeit des Unternehmens. Auch der Rückhalt unter den Investoren scheint zu bröckeln. Bleibt der Kapitalnachschub aus, stehen alle Projekte auf dem Spiel.
Die Zukunft entscheidet sich jetzt
Noch ist eine Rettung nicht ausgeschlossen. Gespräche mit weiteren Investoren laufen. Doch die Zeit drängt. Africa Greentec verkörpert das Spannungsfeld zwischen sozialem Engagement und wirtschaftlicher Realität. Ob das Modell noch eine Zukunft hat, hängt nun von strategischem Geschick und externem Vertrauen ab.
Die kommenden Wochen entscheiden, ob aus dem Vorzeigeprojekt ein gescheitertes Experiment wird – oder doch noch ein zweiter Anlauf gelingt.
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