Der Schweizer Zugbauer Stadler Rail hat verkündet, gerichtlich gegen die Vergabe eines milliardenschweren Auftrags der Schweizer Bahn an den deutschen Konkurrenten Siemens Mobility vorzugehen. „Nach eingehender Prüfung des Vergabeentscheides“ könne Stadler „nach wie vor nicht nachvollziehen“, warum Siemens von der Schweizer Bundesbahn (SBB) mit dem Bau von 116 Doppelstock-Zügen beauftragt wurde, erklärte Stadlers Verwaltungsratspräsident Peter Spuhler am Freitag. Das Bundesverwaltungsgericht solle „den Vergabeentscheid auf seine Richtigkeit überprüfen“, fügte er hinzu.
Stadler habe am Donnerstag Beschwerde eingelegt. Das Unternehmen bemängelte, dass das Angebot von Siemens Mobility nur 0,6 Prozent günstiger sei als das von Stadler. Das Angebot der Schweizer sei „gegenüber einem Zug, der lediglich auf dem Papier existiert, zu tief bewertet“ worden, hieß es weiter. 153 Züge des Stadler-Doppelstock-Modells Kiss seien bereits seit 2012 im SBB-Netz im Einsatz und hätten sich bewährt, erklärte das Unternehmen weiter.
„Stadler will keinen Heimatschutz und hat ihn auch noch nie gefordert“, betonte der Schweizer Hersteller. „Der SBB-Auftrag wäre vollständig in den Stadler Werken in der Schweiz gefertigt worden“, hieß es weiter. Rund 80 Prozent der Wertschöpfung des Unternehmens verblieben in der Schweiz.

Die Schweizer Gewerkschaft Unia hatte die Auftragsvergabe an Siemens ebenfalls kritisiert. Wäre Stadler mit dem Bau der Züge beauftragt worden hätten davon mehr als 170 Zulieferbetriebe in der Schweiz profitiert.
Die SBB erklärte, sie habe Kenntnis von der Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht. Siemens habe „eindeutig das vorteilhaftere Angebot vorgelegt“, hieß es weiter. Der von Stadler genannte geringe Preisunterschied beziehe sich lediglich auf die Investitionskosten. Würden die Nutzungskosten über einen Zeitraum von 25 Jahren hinzugerechnet, beziffere sich der Unterschied auf „Hunderte Millionen Franken“. Die SBB vergebe ihre Aufträge auf „transparente, faire und wettbewerbsfähige Weise“ und lege Wert darauf, keine Steuergelder zu verschwenden.
Das Staatsunternehmen wies darauf hin, dass in den vergangenen 25 Jahren 72 Prozent des Auftragsvolumens für Schienenfahrzeuge an Stadler Rail ging. 21 Prozent des Auftragsvolumens von 14 Milliarden Schweizer Franken (15 Milliarden Euro) gingen demnach an Bombardier/Alstom und sieben Prozent an Siemens.
Siemens Mobility gab ebenfalls bekannt, die Beschwerde von Stadler zur Kenntnis genommen zu haben. Das Unternehmen erklärte, es sei „überzeugt“, der SBB ein „attraktives“ Angebot unterbreitet zu haben. Es plane zudem Investitionen in Höhe von 110 Millionen Franken bis 2029 an seinem Standort für Eisenbahn-Aktivitäten in Wallisellen nördlich von Zürich.
AFP
