Im Kampf gegen die Treibhausgase geht die Schweiz inzwischen einen neuen Weg – sie will das im Inland emittierte CO₂ in Norwegen speichern lassen. Das skandinavische Land ist weltweit führend bei der Technologie der CO₂-Lagerung. Derzeit hält sich der Schweizer Umweltminister Albert Rösti in Norwegen auf, um dort ein bilaterales Abkommen für die CO₂-Speicherung zu unterzeichnen. (srf, 17.06.2025)
CO₂-Speicherung in Norwegen: Schweiz strebt Netto-Null bis 2050 an
Mit dem Vertrag soll das ehrgeizige Ziel gelingen, die CO₂-Emissionen der Schweiz bis zum Jahr 2050 auf Netto-Null zu senken. Die Norweger haben bei der einschlägigen Technologie einen langen Weg hinter sich, was ihnen ihre heutige Spitzenposition verschafft. Schon in den 1990er Jahren begannen sie damit, das vor allem von der eigenen Öl- und Gasindustrie produzierte Kohlendioxid im Boden zu versenken. Die Erfahrungen beim Bohren nach Gas und Öl halfen ihnen dabei: Auch die CO₂-Speicherung benötigt tiefe Bohrlöcher.

Das Einlagern ist nur ein Teil der Gesamttechnologie, der andere Teil ist das Auffangen der Abgase. Dementsprechend heißt die Technologie „Einfangen und Einlagern von Kohlenstoff“, im internationalen Sprachgebrauch mit dem englischen Kürzel CCS für Carbon Capture and Storage gekennzeichnet. Der gebundene Kohlenstoff kann wiederverwertet werden, was die Industrie auf den Plan ruft. Außerdem winken Vergütungen durch die Emittenten etwa über CO₂-Zertifikate. Die privaten Investitionen kommen dementsprechend derzeit von denjenigen Unternehmen, deren Geschäftsfeld über viele Jahrzehnte die fossilen Brennstoffe waren. In Norwegen haben unter anderem Shell, Totalenergies und Equinor Anlagen im Wert von mehreren Hundert Millionen Euro für die CO₂-Speicherung errichtet.
Technisch-geologische Varianten der CO₂-Speicherung im Boden
Für CCS gibt es zwei Hauptvarianten, die sich beide bewährt haben und je nach den geologischen Bedingungen vor Ort zum Einsatz kommen:
- Es ist möglich, CO₂ in frühere Öl- oder Gaslagerstätten zu pumpen, die inzwischen ausgebeutet wurden und dementsprechend im Untergrund große Hohlräume enthalten. Ein großer Vorteil sind bei dieser Variante die bereits bestehenden Bohrlöcher. Durch diese schicken die Betreiber das Kohlendioxid, anschließend verschließen sie lediglich die Bohrung. Die Lagerstätte selbst ist aufgrund ihrer geologischen Bedingungen dicht, denn schließlich hat sie zuvor über Jahrmillionen das Öl oder Gas zurückgehalten.
- Auch neu explorierte, Salzwasser führende Gesteinsschichten kommen infrage. Sie heißen fachsprachlich Saline Aquifere und müssen zwar mit einem deutlich höheren Aufwand zunächst angebohrt werden, bieten aber anschließend ein noch größeres Potenzial, weil in ihnen das CO₂ eine Verbindung mit dem Salzwasser eingeht und sich dabei mineralisiert. Das bietet die Chance, dass es sich je nach Art des Gesteins sogar fest mit dem Untergrund verbindet. Für große Mengen an Kohlendioxid, die noch auf viele Jahrzehnte zu erwarten sind, bietet sich diese äußerst langlebige Lösung an. Auch das mineralisierte Carbon könnte später aus dem Boden geholt und wiederverwendet werden.
Vorteile von CCS
Die Hauptintention der CCS-Technologie ist im frühen 21. Jahrhundert die Abscheidung und sichere Lagerung des schädlichen Klimagases Kohlendioxid. Zwar lässt sich CO₂ bei vielen Prozessen vermeiden, so im Straßenverkehr durch den Umstieg auf Elektromobilität, bei der Gebäudeklimatisierung durch den Umstieg auf Wärmepumpen, in der Energiewirtschaft durch Sonnen-, Wasser- und Windkraft sowie in der Industrie durch den Umstieg auf Wasserstoff als Energieträger. Doch wie die weltweiten Diskussionen um die menschengemachte Klimakrise zeigen, gelingt die CO₂-Vermeidung bislang nur ungenügend.
Die genannten Bereiche stellen sich nicht schnell genug auf eine Reduktion von Klimagasen um, außerdem gibt es Bereiche, wo sich Kohlendioxidemissionen bislang so gut wie gar nicht senken lassen. Das sind beispielsweise die Landwirtschaft, die Zementindustrie und Kehrichtverbrennungsanlagen. Doch gerade hier, aber auch in Öl-, Kohle- und Gaskraftwerken oder einigen Industriebetrieben lässt sich das emittierte CO₂ relativ gut direkt an der Quelle seiner Entstehung einfangen, komprimieren und dann zu den Lagerstätten verschicken. Hierfür existieren schon länger ausgereifte Techniken.
Die Speicherung im Boden gilt allerdings als aufwendig und anspruchsvoll. Hierbei haben die Norweger die Nase vorn, weshalb auch andere Länder die dortigen Möglichkeiten nutzen möchten, darunter beispielsweise Island und Dänemark. Ein zweiter Vorteil von CCS ist die langfristig geplante Wiederverwendung des gespeicherten Kohlenstoffs. Dieser ist nicht nur ein Energieträger, sondern auch ein wertvoller Rohstoff für die chemische Industrie. Die Weltgemeinschaft kann also mit CCS ihre Klimaziele erreichen und für die Zukunft eine gewisse Rohstoffsicherheit schaffen.
Wie kann die Technologie der Schweiz helfen?
CCS im weit entfernten Ausland ist teuer und rechnet sich vor allem dann, wenn der Preis für CO₂-Zertifikate eine gewisse Höhe erreicht. Nach internen Berechnungen muss er sich in etwa verdoppeln, damit sich die CO₂-Speicherung mit CCS rechnet. Das ist eine politische Entscheidung. Doch die Schweiz kommt an Lösungen für die Lagerung von Kohlendioxid nicht vorbei und wird wohl vorläufig das Verfahren subventionieren. Dann ist das ambitionierte Klimaziel von Netto-Null im Jahr 2050 zu erreichen.