Schluss, Aus und Vorbei – Gerry Weber schließt alle Filialen

Gerry Weber zieht sich vollständig aus dem stationären Einzelhandel in Deutschland zurück. Alle verbliebenen Geschäfte schließen. Die spanische Modemarke Victrix übernimmt künftig die Rechte an der Marke, jedoch ohne eigene Filialen. Der Vertrieb erfolgt ausschließlich über externe Handelspartner mit Multimarken-Sortimenten. Das Unternehmen mit Sitz in Halle (Westfalen) bestätigte die Zustimmung des Gläubigerausschusses zur Übernahme. Auch der zuständige Sachwalter Lucas Flöther unterstützte das Konzept (t-online: 30.05.25).


Markenname bleibt, doch Läden schließen endgültig

Rund 40 Standorte in Deutschland stehen vor dem Aus. Auch internationale Filialen fallen dem Kahlschlag zum Opfer. Die Abwicklung soll schrittweise erfolgen. Victrix übernimmt neben dem Markennamen auch die Produktionsprozesse. Dennoch setzt die spanische Gruppe nicht auf eigene Präsenz vor Ort, sondern plant den Vertrieb über Drittanbieter. Konkrete Zahlen zum Kaufpreis nennt niemand. Über den finanziellen Rahmen wurde Stillschweigen vereinbart.

Gerry Weber schließt alle Filialen in Deutschland, 450 Stellen entfallen – der Markenname geht an ausländischen Käufer
Gerry Weber schließt alle Filialen in Deutschland, 450 Stellen entfallen – der Markenname geht an ausländischen Käufer

Die Sanierungsversuche der letzten Jahre hatten keinen nachhaltigen Effekt. Bereits 2023 war ein großer Teil des Filialnetzes aufgegeben worden. Damals verschwanden 122 von 171 Läden. Rund 450 Arbeitsplätze entfielen – ohne die erhoffte Trendwende. Das Unternehmen verlor weiter an Boden, trotz umfassender Einschnitte.

Spanischer Konzern erweitert Marktanteile

Victrix verfolgt mit der Übernahme strategische Ziele. Die deutsche Marke Gerry Weber ergänzt das Portfolio rund um die eigene Linie Punt Roma. Mit dem Einstieg in das Segment klassischer Damenmode soll die Präsenz in Mittel- und Osteuropa ausgebaut werden. Die Integration in die Konzernstruktur läuft zügig an, um Kontinuität für Händler und Kundschaft zu sichern.

Der Fokus liegt künftig auf Qualität und Präsenz über etablierte Partner. Auf eigene Flagship-Stores verzichtet der neue Eigentümer bewusst. Die Entscheidung folgt dem klaren Kurs, Fixkosten zu reduzieren und den Zugang zu regionalen Märkten über bestehende Vertriebsnetze zu optimieren.

Einzelhandel leidet unter Kaufzurückhaltung

Gerry Weber steht mit seinen Problemen nicht allein. Auch Galeria, Esprit und Sinn kämpfen ums Überleben oder stecken bereits im Insolvenzverfahren. Die Ursachen sind vielfältig: gestiegene Kosten, schwächelnde Nachfrage und der Nachhall pandemiebedingter Einbrüche. Besonders der klassische Einzelhandel kann das Vorkrisenniveau nicht zurückerobern.

Victrix nutzt die Schwäche der Wettbewerber gezielt aus. Mit dem Erwerb von Gerry Weber stärkt die spanische Gruppe ihr internationales Profil. In Deutschland bleibt von der bekannten Marke künftig nur noch der Name. Die Läden verschwinden, doch die Kleidung bleibt – im Sortiment anderer Anbieter.


Wandel statt Rettung

Der Name Gerry Weber bleibt erhalten, doch das Geschäftsmodell erfährt einen radikalen Schnitt. Die Schließung aller Filialen markiert das Ende eines jahrzehntelang präsenten Modedienstleisters im deutschen Stadtbild. Gleichzeitig deutet sich ein neuer Verbreitungsweg über den europäischen Markt an – jedoch ohne eigene Standorte.

Die Marke überlebt nur in veränderter Form. Der Eigentümerwechsel sichert nicht den Fortbestand alter Strukturen, sondern stellt die Weichen für einen vollständigen Kurswechsel. Gerry Weber verschwindet aus den Innenstädten – und bleibt doch in den Kleiderschränken.

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