Risiko für Kleinanleger: Wenn die Beteiligung an gewerblichen Solaranlagen zur Kostenfalle wird

Immer mehr Privatpersonen interessieren sich für die Beteiligung an gewerblichen Solaranlagen – ein Modell, das steuerliche Vorteile und staatlich garantierte Einspeisevergütungen in Aussicht stellt. Ab rund 20.000 Euro lässt sich bereits in einzelne Module investieren. Die Anbieter werben mit hoher Zuverlässigkeit und geringem Aufwand. Besonders Kleinanleger sehen darin eine attraktive Möglichkeit zur Altersvorsorge. Doch in der Praxis häufen sich Fälle, bei denen die Beteiligung zur finanziellen Belastung wird (tagesschau: 06.06.25).


Beteiligung ohne Einblick: Wenn Verträge Risiken verschleiern

Ein Anleger stieß auf ein Angebot für eine Photovoltaikanlage in Niedersachsen – Einstiegspreis: knapp 50.000 Euro. Nach Vertragsunterzeichnung folgte die Ernüchterung. „Ich habe etwas anderes bekommen, als versprochen wurde.“ Die Vertragsunterlagen enthielten zusätzlich eine Klausel, die geschäftsbezogene Auskünfte für fünf Jahre untersagt.

Beteiligung an Solaranlagen: Warum viele Kleinanleger finanzielle Risiken unterschätzen und auf Transparenz verzichten müssen
Beteiligung an Solaranlagen: Warum viele Kleinanleger finanzielle Risiken unterschätzen und auf Transparenz verzichten müssen

Das Geschäftsmodell des Anbieters aus Nürnberg basiert auf dem Erwerb und der Bebauung von Flächen mit Solaranlagen, deren Komponenten mit Aufschlag an Investoren verkauft werden. Die Käufer sollen monatliche Einspeisevergütungen erhalten – ohne selbst für Wartung oder Betrieb verantwortlich zu sein.

Technische Mängel senken Ertrag der Beteiligung

Mehrere Käufer berichten, dass ihre Anlagen nicht wie zugesagt überwacht werden. In einem Flyer heißt es: „Wir gewährleisten, dass ihre PV Anlage durchgehend mit dem Internet verbunden ist, um dadurch die tägliche Leistung überprüfen zu können.“ Doch Monitoring fehlte – auch bei jüngeren Anlagen, für die es laut Anbieter gar nicht vorgesehen war. Interne Dokumente zeigen allerdings Abweichungen von dieser Behauptung.

In einem Fall führte der fehlende Überblick über den Anlagenstatus zu Defekten und geringerem Stromertrag. An anderer Stelle dauerte es über ein halbes Jahr, bis eine neue Anlage überhaupt ans Netz angeschlossen wurde – für den Investor ein halbes Jahr ohne Einspeisevergütung.

Fehlende Abrechnungen und unklare Zuständigkeiten

Viele Anleger erhalten für aktuelle Zeiträume keine monatlichen Abrechnungen. Liegen Dokumente vor, fehlen oft Angaben zur produzierten Strommenge. Ursprünglich war eine Tochtergesellschaft für die Betriebsführung zuständig. Diese wechselte später zu einem Unternehmen mit Sitz in Düsseldorf. Kontaktversuche zu ausstehenden Abrechnungen oder Mängeln blieben unbeantwortet.

Der frühere Eigentümer verwies auf „personelle Überlastung“. Ein Fachanwalt, der mehrere Betroffene betreut, sieht ein strukturelles Problem: Die meisten Investoren kennen weder ihre Mitbeteiligten noch die interne Organisationsstruktur der Anlage – das erschwert jeden Wechsel in der Betriebsführung.


Beteiligungen in der Solarbranche bergen systemisches Risiko

Ein Energieberater, spezialisiert auf Erneuerbare-Energien-Projekte, kennt ähnliche Modelle. Besonders kritisch sieht er die Verkaufsstrategien. Risiken würden ausgeblendet, Renditen überbetont. Die nötige unternehmerische Verantwortung finde in den Gesprächen kaum statt. Dennoch entscheiden sich viele Privatpersonen für diese Form der Beteiligung – oft in der Hoffnung auf eine sichere Altersvorsorge.

Zuverlässige Zahlen über das Gesamtvolumen solcher Investitionen fehlen. Doch Fachleute gehen von einem Milliardenmarkt aus. Was als nachhaltige Geldanlage gedacht ist, endet für manche in einer rechtlichen und finanziellen Sackgasse. Wer sich beteiligt, braucht verlässliche Verträge, technische Kontrolle und Transparenz – statt schöner Broschüren und leerer Versprechen.

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