Das Unternehmen Cherry aus Auerbach in der Oberpfalz, international renommiert als Peripheriegerätehersteller, gibt nach 60 Jahren seine deutsche Fertigung auf. Bekannt wurde Cherry vor allem für seine ikonischen Tastaturen, die voraussichtlich weiterhin in Fernost gebaut werden dürften. Eine Produktion in Deutschland hingegen lohnt sich nicht mehr, wie die Geschäftsleitung verlauten ließ. (WinFuture, 27.11.2025)
Deutsche Firmenzentrale bleibt erhalten
Das hoch spezialisierte Unternehmen wird die Produktion am deutschen Standort vollständig einstellen und sie nach Fernost verlagern. Die Firmenzentrale jedoch soll in der Oberpfalz bestehen bleiben und massiv umgebaut werden. Vor allem aufgrund der deutschen Löhne inklusive SV-Abgaben kann das Unternehmen eine hierzulande angesiedelte Fertigungslinie aber nicht weiter betreiben. Dabei genossen seine legendären Keyboard-Switches Made in Germany weltweit einen ausgezeichneten Ruf.

Zuletzt hatte der Hersteller Anfang 2025 auf der Computex seine IK-Serie vorgestellt. Hierbei handelt es sich um induktive Analog-Switches, die eine neue Generation repräsentieren und heiß begehrt sind. Jedoch kämpft der Konzern seit geraumer Zeit mit finanziellen Schwierigkeiten, die ihn letztlich in eine handfeste Krise beförderten. Die Konsequenz ist ein endgültiger Schlussstrich unter der Fertigung am deutschen Standort. Seit über einem halben Jahrhundert wuchs das Prestige der Oberpfälzer: Ihre hochwertigen mechanischen Tastaturschalter waren das Sinnbild schlechthin für deutsche Wertarbeit im Hardwarebereich. Der Kostendruck wurde jedoch zuletzt zu groß.
Daher werden nun hauptsächlich chinesische und in Teilen auch slowakische Auftragsfertiger diese zentralen Komponenten liefern. In Fachkreisen gilt der Schritt als drastisch, doch die Maßnahme war aus Sicht des Konzerns unumgänglich: Die anhaltenden finanziellen Schwierigkeiten schlugen sich zuletzt auch in einem massiven Wertverlust der Cherry-Aktie nieder.
Was wird aus dem Standort in Auerbach?
Das Auerbacher Firmengelände bleibt vollständig erhalten. Cherry wird jetzt seine ehemaligen Fertigungshallen in Lagerflächen umwidmen und gleich neben der ebenfalls neu konzipierten Zentrale die Logistik wieder selbst steuern, die das Unternehmen zuvor aus der Hand gegeben hatte. Das spart Kosten für die externen Dienstleister. Der Stammsitz wird nun ein reines Entwicklungszentrum mit angeschlossener Logistik. Um die Bilanz aus den tiefroten Zahlen zu führen, reicht dieser Schritt aber noch nicht aus.
Auf der letzten Hauptversammlung kommunizierte der Vorstand daher, dass eine von zwei verbliebenen Kernsparten verkauft werden müsse. Nur so könne die Liquidität gesichert werden. Es handelt sich hierbei um die „Peripherals“, wozu Tastaturen und Mäuse für Büro- und Gaming-PCs gehören, sowie um „Digital Health & Solutions“. In dieser Sparte produziert Cherry Kartenterminals und Telematik. Die Verkaufsentscheidung stand Anfang Dezember 2025 noch nicht fest.
Könnte es durch die Produktionsverlagerung nach Asien Qualitätseinbußen geben?
Viele Hardware-Enthusiasten befürchten das. Für sie markieren die aktuellen Vorgänge eine Zäsur: Sie schätzten die Cherry-Produkte explizit wegen der hohen Qualität, die man der lokalen Fertigung zuschrieb – eben Made in Germany. Das Unternehmen selbst und Branchenkenner beruhigen aber die Fangemeinde. In chinesischen oder osteuropäischen Fabriken können deutsche Manager inzwischen dieselben hohen Standards wie hierzulande durchsetzen.
Cherry – back to the roots
Auch wenn sechs Jahrzehnte mit rein deutscher Produktion eine lange Zeit sind, kehrt Cherry nun historisch betrachtet eigentlich zu seinen Wurzeln zurück. Diese lagen für die spätere deutsche Ikone in den USA, wie auch der angelsächsische Name verrät. Walter Cherry hatte die Firma 1953 in Highland Park (Illinois) gegründet, die deutsche Fertigungslinie richtete er 1963 ein. Mit den hier produzierten Peripheriegeräten gelang dem Unternehmen 1983 ein spektakulärer internationaler Durchbruch. In jenem Jahr brachte es die MX Switches auf den Markt, die seither den weltweiten Standard für mechanische Keyboards definieren.
Cherry etablierte ein Farbschema, mit dem sich die Schaltercharakteristik kategorisieren ließ. Dabei stand Blau für klickend, Rot für linear und Braun für taktil. Dieses Schema übernahmen alsbald nahezu alle Mitbewerber, doch Cherry blieb Innovations- und Marktführer. In den letzten Jahrzehnten dürften aus dem Werk in Auerbach Milliarden dieser Schalter an renommierte Drittanbieter wie Dell oder Corsair gelangt sein, in deren Tastaturen sie landeten.
Ein Patent von Cherry lief aber 2014 aus. Damit hatte das Unternehmen sein MX-Design geschützt. Seither fluten chinesische Firmen den Markt mit gleichwertigen, aber günstigeren Alternativen. Von Herstellern wie Kailh, Gateron und Outemu kommen zudem inzwischen Switches mit innovativen Technologien wie dem Halleffekt, die auch teilweise schon ab Werk die nötige Schmierung mitbringen. Der Halleffekt ist eine magnetische Auslösung für variable Auslösepunkte. Diese Technologie beherrschen fernöstliche Anbieter inzwischen besser als Cherry.
Die vollständige Produktionsverlagerung nach China wird auf jeden Fall die Kosten senken und vielleicht sogar chinesisches Know-how ins Unternehmen holen. Diesen Weg sind Branchenvertreter wie Razer und Logitech bereits vor Jahren gegangen.
