Die Pleitewelle rollt durch Deutschland und trifft vor allem mittelständische Betriebe. 11.900 Insolvenzen im ersten Halbjahr markieren einen Zehn-Jahres-Höchststand. Creditreform meldet einen Anstieg um 9,4 Prozent. Trotz einzelner Lichtblicke steckt die Wirtschaft weiterhin tief in einer Strukturkrise. Schwache Nachfrage, steigende Kosten und Unsicherheit belasten Unternehmen massiv (welt: 27.06.25).
Mittelstand gerät in den Sog der Pleitewelle
Die Pleitewelle betrifft vor allem Firmen mit bis zu 250 Mitarbeitern. Besonders gefährdet sind Unternehmen, deren Rücklagen aufgebraucht sind und deren Kreditlinien nicht mehr verlängert werden. In dieser Größenklasse steigen die Insolvenzen überdurchschnittlich, teils um 17 Prozent. Selbst bekannte Marken wie Gerry Weber oder Lilium mussten kürzlich aufgeben.

Der wirtschaftliche Schaden ist beträchtlich. Creditreform beziffert die Forderungsausfälle im ersten Halbjahr auf 33,4 Milliarden Euro. Mehr als 90 Prozent der Gläubiger verlieren dabei große Teile ihres Geldes. Parallel steigt die Zahl gefährdeter Arbeitsplätze auf rund 141.000 – ein Plus von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Verarbeitendes Gewerbe besonders stark von Pleitewelle betroffen
Das verarbeitende Gewerbe verzeichnet mit 17,5 Prozent den stärksten Anstieg bei den Insolvenzen. Im Handel liegt das Plus bei fast 14 Prozent – auch wegen Kaufzurückhaltung und harter Konkurrenz im Online-Bereich. Das Baugewerbe meldet nur leicht steigende Zahlen, doch die Insolvenzquote erreicht dort dennoch ein Zehn-Jahres-Hoch.
Auch der Dienstleistungssektor kämpft. Mit einem Anteil von 58,5 Prozent dominiert er weiterhin das Insolvenzgeschehen. Maschinenbau und Automobilindustrie geraten zunehmend unter Druck. Kostenexplosionen bei Energie und Rohstoffen, schwache Auftragslage und fehlende Finanzierungsmöglichkeiten belasten die Unternehmen.
Automobilbranche kämpft mit Strukturproblemen
Der Wandel zur Elektromobilität verschärft die Probleme der Branche. Patrik-Ludwig Hantzsch nennt Konsolidierung und Anpassungsdruck als zentrale Herausforderungen. Eine Studie des Kreditversicherers Atradius prognostiziert für 2025 und 2026 weitere Produktionseinbrüche, Werksschließungen und Entlassungen. „Deutschlands Autobranche hat die Talsohle noch nicht erreicht“, warnt Jens Stobbe von Atradius.
Reservereserven schrumpfen. Vier-Tage-Wochen oder Lohnverzicht reichen kaum mehr aus. Werksschließungen erscheinen unausweichlich. Vor allem Zulieferer melden zunehmende Zahlungsverzögerungen, sinkende Margen und Insolvenzen in wichtigen Märkten wie Deutschland, Italien und Großbritannien.
Lieferketten unter Stress – keine Trendwende in Sicht
ZF Friedrichshafen passt das Lieferantenmanagement an. Neben dem Preis zählen nun Stabilität und Bonität. Maßnahmen wie Preisanpassungen oder Verlustausgleich sollen Lieferketten stabil halten. Doch eine Unterstützung insolventer Partner erfolgt nicht mehr um jeden Preis, betont Risikomanager Dieter Schorr.
Die Beratungsgesellschaft Falkensteg erwartet keine Besserung. „Eine Trendwende ist nicht in Sicht“, erklärt Partner Jonas Eckhardt. 2025 könnte das vierte Jahr in Folge mit steigenden Pleiten werden. Die Bereitschaft der Gläubiger zur Sanierung sinkt, Investoren zögern. Immer mehr Unternehmen schaffen es nicht mehr durch die Krise – die Pleitewelle setzt sich ungebremst fort.
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