Pleite im Zukunftssektor – Bundesverband Elektromobilität meldet Insolvenz an

Die Insolvenz des Bundesverbands Elektromobilität trifft eine Branche, die ohnehin unter Druck steht. Mit 450 Mitgliedsunternehmen, einem Gesamtumsatz von über 100 Milliarden Euro und rund einer Million Beschäftigten zählte der Verband zu den zentralen Akteuren im Bereich alternativer Antriebstechnologien. Die Nachricht signalisiert mehr als einen internen Rückschlag – sie spiegelt die Unsicherheit in einer ganzen Industrie (welt: 25.05.25).


Bundesverband mit weitreichender Branchenvernetzung

Eintragungen im Insolvenzregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg bestätigen das Verfahren. Bereits am Freitag wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt. Der Bundesverband fungierte seit seiner Gründung vor 16 Jahren als Dachorganisation für eine Vielzahl von Unternehmen, von großen Herstellern bis zu spezialisierten Mittelständlern.

Insolvenz des Bundesverbands Elektromobilität erschüttert die Branche – politische Nähe und interne Konflikte führten zum Bruch
Insolvenz des Bundesverbands Elektromobilität erschüttert die Branche – politische Nähe und interne Konflikte führten zum Bruch

Die Bandbreite der Mitglieder reichte von Autobauern wie Mitsubishi und Kia bis hin zu Betreibern von Ladeinfrastruktur und Beratern. Damit stand der Bundesverband für die gesamte Wertschöpfungskette der Elektromobilität – von der Produktion bis zur Anwendung.

Politische Kontakte als strategisches Kapital

Zusätzliche Schlagkraft besaß der Bundesverband durch seinen parlamentarischen Beirat. Laut Website zählten dazu unter anderem der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar und Felix Schreiner, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion. Diese politische Anbindung verstärkte die Position des Verbands in relevanten Gesetzgebungsprozessen.

Markus Emmert, Vorstand des Bundesverbands, kommentierte den Insolvenzantrag gegenüber der WELT nicht. Er verantwortet zudem die verbandseigene Akademie, die als GmbH geführt wird. Offen bleibt, wie sich diese Struktur im weiteren Verfahren auswirkt und welche Rolle sie bei der finanziellen Schieflage spielte.

Interne Konflikte und Richtungsstreit

Hinter den Kulissen war der Bundesverband offenbar seit längerem mit internen Spannungen konfrontiert. Schon vor einem Jahr musste der Gründungspräsident Kurt Sigl den Verband verlassen – laut Medienberichten wegen divergierender Vorstellungen zur strategischen Ausrichtung und Unstimmigkeiten in der internen Entscheidungsfindung.

Solche Konflikte bergen das Risiko, Organisationen von innen zu lähmen. Statt Geschlossenheit prägten offenbar Richtungsstreit und Machtfragen den Verband – mit fatalen Folgen für die Handlungsfähigkeit in einer dynamischen Branche.


Insolvenzverfahren durch Eigenantrag eingeleitet

Der Berliner Rechtsanwalt Joachim Vogt-Salus wurde als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt. Der Bundesverband stellte den Insolvenzantrag selbst. Dies legt nahe, dass die Finanzprobleme nicht durch externe Ereignisse eskalierten, sondern strukturelle Ursachen hatten, die sich über längere Zeit aufgebaut haben.

Die Insolvenz fällt in eine Phase wachsender Unsicherheit für die Elektromobilität. Absatzprobleme, hohe Kosten für Ladeinfrastruktur und politische Kurswechsel belasten die gesamte Branche. Der Zusammenbruch des Bundesverbands entzieht ihr nun auch noch ein wichtiges Sprachrohr – und schwächt damit die gemeinsame Interessensvertretung auf nationaler und internationaler Ebene.

Ob eine Rettung des Bundesverbands denkbar ist, bleibt ungewiss. Fest steht: Ein Neustart erfordert nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch neues Vertrauen in Strukturen und Führung.

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