Die Energiewende in Deutschland sorgt für einen Nord-Süd-Konflikt, da die Verteilung von Wohlstand und Wirtschaftskraft zunehmend in diese Richtung geht. Die Energiewende besteht hauptsächlich aus Abschaltterminen für Atomkraftwerke und Braunkohlekraftwerke, während gleichzeitig immer mehr Windkraftanlagen im Norden ans Netz gehen. Die Verbrauchszentren im Süden, die bisher von konventionellen Kraftwerken versorgt wurden, sollen künftig von Offshore-Windstrom aus dem Norden versorgt werden. Dies führt jedoch dazu, dass im Norden Windkraftkapazitäten ausgebaut und im Süden vorwiegend konventionelle Kraftwerke abgeschaltet werden.
Windkraft in Bayern, wie eine Bananenplantage auf Grönland
Politiker und Experten bezeichnen Bayern und Süddeutschland oft als Blockierer, obwohl es einen wichtigen Grund für das geringe Vorkommen von Windenergie im Süden gibt: Der Windatlas Deutschlands zeigt, dass die Windgeschwindigkeit an der niedersächsischen Nordseeküste im Vergleich zum Bayrischen Wald fast doppelt so hoch ist. Die Windgeschwindigkeit geht jedoch in die Stromproduktion mit einer dritten Potenz ein, was bedeutet, dass die halbe Windgeschwindigkeit nur ein Achtel der Stromproduktion ausmacht.
Windkraft in Bayern ist wie eine Bananenplantage auf Grönland: Es ist grundsätzlich möglich, macht aber wirtschaftlich keinen Sinn. Die deutsche Subventionspolitik unterstützt jedoch seit vielen Jahren die Windenergie-Branche. Trotzdem gibt es kaum Bauwillige für windschwache Standorte, da das Referenzertragsmodell im EEG nur zusätzliche Vergütungen für solche Standorte regelt, die Windkraftanlagen aber trotzdem nicht wirtschaftlich betrieben werden können.
Windenergie als Flaschenhals für den Süden: Unzuverlässiger Strom aus dem Norden
Windparks entstehen deshalb überwiegend an windreichen Küsten im Norden oder auf See. Der Strom soll dann über die langen Nord-Süd-Trassen wie die Suedlink in den Süden gelangen. Doch die Stromerzeugung aus Wind ist mehr als unzuverlässig. Wenn zu wenig Wind weht, ist der Süden auf Importstrom aus den Nachbarländern angewiesen und wenn zu viel Wind weht ebenfalls, da die Nord-Süd-Verbindungen schnell überlastet sind.
Stromsparen gefordert: Überlastung im Netzausbau bedroht Baden-Württemberg
Der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW rief die Verbraucher in Baden-Württember über seine Hinweis-App „StromGedacht“ bereits mehrfach zum Stromsparen auf, da das Netz zu überlasten drohte (Heise: 16.01.23). Den „Hinweis“ zum sparsamen Stromverbrauch begründet TransnetBW durch die Mangel-Situation beim Netzausbau. Dies ist zwar korrekt, war aber bereits bekannt, als die Bedingungen für den Atomausstieg im Jahr 2011 festgelegt wurden. Der geplante Start für den Netzausbau, 2022, wurde verschoben und wird nun vermutlich erst in den Jahren 2027 bis 2031 realisiert. Trotzdem wird bereits abgeschaltet, beispielsweise der 500-Megawatt-Steinkohleblock in Zolling im Jahr 2025. Verbote für die Installation von Gas- und Ölheizungen werden ebenfalls bereits 2024 und 2026 in Kraft treten und werden durch elektrisch betriebene Wärmepumpen ersetzt. TransnetBW bewirbt gleichzeitig sein ausgebautes Schnellladenetz, dem „EnBW Hyper-Netz“, durch ganzseitige Anzeigen. Der Stromimport in das Netzgebiet beträgt bereits heute fast durchgängig zwei bis vier Gigawatt.
Die neun einst systemrelevanten Kernkraftwerke im Süden Deutschlands sind bald Geschichte. Auch das französische Kernkraftwerk Fessenheim und das altersbedingt stillgelegte KKW Mühleberg in der Schweiz, die grenzüberschreitend einspringen konnten, fehlen. Es gibt keinen angemessenen Ersatz. Infolgedessen wird der Strommangel im Süden durch den Nord-Süd-Konflikt zu noch höheren Strompreisen führen, da immer mehr teure Redispatchmaßnahem erforderlich werden, um die Stromversorgung zu sichern.
Strompreiszonen: Kontroverse Debatte im Norden Deutschlands und in der EU
Politiker im Norden Deutschlands und auch in der EU diskutieren über die Einführung von Strompreiszonen, wie es sie bereits in anderen Ländern gibt. Es gibt Vorschläge mit zwei bis fünf Zonen. Das Zwei-Zonen-Modell zieht eine neue Trennlinie innerhalb Deutschlands, etwa entlang der Mainlinie (blackout-news: 22.01.23).
Im Süden würde der Strom generell teurer sein, im Norden hingegen billiger. Kurzfristig würde es nur die Preise verändern, aber langfristig könnte der Nord-Süd-Konflikt zum Rückzug der Industrie im Süden führen, die ohnehin bereits abwandert.
Die Hoffnungen der norddeutschen Politik auf wirtschaftliches Wachstum durch Zuzug aus dem Süden werden sich dabei aber nicht erfüllen. Zum einen, weil im Norden, wie beispielsweise in Hamburg, ein ansteigender Energiemangel und damit steigende Strompreise absehbar sind. Zum anderen werden sich Unternehmen und Konzerne nach stabilen Bedingungen umsehen und diese im Ausland finden. Wenn Wirtschaftsbetriebe ihren Standort wechseln, wählen sie ihr Ziel sorgfältig aus.