Vor der Nordseeinsel Borkum sorgt ein Großprojekt für Streit. Der niederländische Konzern ONE-Dyas erhielt die Genehmigung, im deutschen Hoheitsgebiet nach Erdgas zu bohren. Das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) ordnete einen Sofortvollzug an. Die Behörde verweist auf ein „überwiegendes öffentliches Interesse an einer sicheren Energieversorgung“ (lbeg.niedersachsen: 01.09.25).
Genehmigung auf deutschem Hoheitsgebiet trotz Klagen
Schon im vergangenen Jahr sprach das LBEG eine Genehmigung aus. Eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) stoppte das Projekt vorerst. Auf niederländischem Gebiet testete ONE-Dyas parallel die ersten Schritte.

Die Förderplattform liegt 23 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum in der Nordsee. Von dort aus sollen die Bohrungen im Hoheitsgebiet bis zu 4.000 Meter tief reichen und fast horizontal verlaufen. Ein Durchstoßen des Meeresgrunds sei nach Angaben der Behörde ausgeschlossen.
Umweltschutz im Fokus der Kritiker
Umweltverbände warnen vor erheblichen Risiken. Die DUH sprach von einem „fatalen Signal gegen den Klima- und Meeresschutz“. Geschäftsführer Sascha Müller kritisierte, dass eine Genehmigung durchgesetzt werden solle, obwohl die Folgen für Klima und Natur juristisch noch geprüft werden. Zusammen mit Fridays for Future ruft die DUH zu einem Klimacamp auf Borkum auf. Dort sollen Aktivisten für den Umweltschutz eintreten und gegen die Bohrungen in der Nordsee protestieren.
Energieversorgung zwischen Politik und Protest
In Niedersachsen gibt es unterschiedliche Positionen. Energieminister Christian Meyer (Grüne) erklärte, das Gas sei für die deutsche Energieversorgung nicht notwendig. Wirtschaftsminister Grant Hendrik Tonne (SPD) verwies dagegen auf die klare Rechtsgrundlage. Er stellte fest: „Am Ende sind die Ablenkbohrungen zu genehmigen gewesen.“ Beide Minister betonten zwar unterschiedliche Schwerpunkte, doch das Thema Gasimporte spielte in ihren Argumenten eine zentrale Rolle.
Gasimporte und geopolitische Unsicherheit
Die Befürworter des Projekts sehen im Abbau eine Chance, die Abhängigkeit von Gasimporten aus unsicheren Regionen zu verringern. In Zeiten internationaler Krisen soll eigenes Erdgas mehr Stabilität für die Energieversorgung schaffen. Kritiker warnen jedoch, dass die Förderung in der Nordsee das sensible Ökosystem gefährdet und den Umweltschutz unterläuft. Zudem gilt das Wattenmeer als Unesco-Weltnaturerbe, was den Konflikt noch brisanter macht.
Bundesregierung stärkt das Vorhaben
Auch auf Bundesebene zeigt sich Unterstützung. Deutschland und die Niederlande unterzeichneten im Juli ein Abkommen zur gemeinsamen Förderung. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sprach sich offen für das Projekt im Hoheitsgebiet aus. Sie betonte, dass dies die Energieversorgung sichere, Gasimporte verringere und Preisstabilität fördern könne.
Umweltschutz gegen kurzfristige Versorgung
Der Widerstand nimmt zu. Umweltorganisationen prüfen rechtliche Schritte, während Befürworter mit dem Argument Versorgungssicherheit punkten. In der Nordsee kollidieren kurzfristige Interessen mit langfristigem Umweltschutz. Ob Erdgas aus dem Hoheitsgebiet eine sinnvolle Lösung darstellt, bleibt umstritten. Sicher ist jedoch, dass die Debatte über Energieversorgung, Gasimporte und Umweltschutz an Schärfe gewinnt.
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