Munich Re zieht sich aus vier bedeutenden internationalen Klimainitiativen zurück, darunter die Net Zero Asset Owner Alliance. Der weltgrößte Rückversicherer begründet diesen Schritt mit wachsender Rechtsunsicherheit und zunehmend uneinheitlichen regulatorischen Anforderungen in verschiedenen Ländern. Statt auf globale Bündnisse zu setzen, verfolgt Munich Re künftig eine eigenständige Klimastrategie. Die Abkehr von kollektiven Initiativen markiert einen klaren Kurswechsel – mit potenziellen Auswirkungen auf die gesamte Versicherungsbranche und darüber hinaus (handelsblatt: 11.06.25).
Munich Re verfolgt Klimaziele künftig ohne internationale Partner
Die Entscheidung fällt vor dem Hintergrund wachsender geopolitischer Spannungen. Eine direkte Verbindung zur politischen Lage in den USA bleibt unkommentiert. Dennoch werfen jüngste Entwicklungen ein Schlaglicht auf die Debatte. US-Präsident Donald Trump hatte Unternehmen mehrfach für Klimamaßnahmen kritisiert.

Die Net Zero Asset Owner Alliance (NZAOA), die Munich Re verlässt, umfasst 86 Investoren mit einem Vermögen von 9,2 Billionen Dollar. Ihr Ziel: Emissionen im Finanzsektor senken. Munich Re will sich künftig unabhängig für Klimaschutz einsetzen. Die eigenen Ziele ließen sich intern „fokussierter und zielgerichteter“ umsetzen.
Versicherungsbranche reagiert unterschiedlich auf Munich Re
Andere deutsche Versicherer bleiben vorerst in der Allianz. Die SV Sparkassenversicherung sieht keinen Anlass zum Austritt. Barmenia-Gothaer, Huk-Coburg, R+V und VKB ebenfalls nicht. Die LVM Versicherung beobachtet die Entwicklung, zieht aber keine Konsequenzen.
Die Allianz verweist auf den Nutzen gemeinsamer Partnerschaften für Unternehmen und Stakeholder. Die Provinzial prüft mögliche Folgen intern. Eine endgültige Bewertung steht aus.
Kritik an Berichtsflut und fehlender Wirksamkeit
Joachim Wenning, Vorstandschef von Munich Re, kritisierte im Handelsblatt-Interview die vielen Berichtspflichten. „All die Berichtspflichten, die Unternehmen über ihren CO2-Fußabdruck erfüllen müssen, haben nicht zu weniger Emissionen geführt“, lautete seine Einschätzung. Effektive Maßnahmen wie ein höherer CO₂-Preis fänden kaum politische Unterstützung.
Der Rückversicherer beanstandet auch die Komplexität internationaler Regulierungen. Unterschiedliche Standards erzeugen hohen Aufwand, ohne den Klimaschutz messbar voranzubringen. Die Bürokratie sei aus Sicht des Konzerns kaum noch tragbar.
Munich Re zieht sich auch aus weiteren Netzwerken zurück
Neben der NZAOA beendet Munich Re auch die Mitgliedschaft in der Net Zero Asset Managers Initiative. Diese hatte ihre Arbeit bereits im Januar pausiert. Zudem folgen Austritte aus Climate Action 100+ sowie der Institutional Investors Group on Climate Change.
Bereits 2023 hatte sich Munich Re aus der Net-Zero Insurance Alliance verabschiedet. Damals hatten republikanische Generalstaatsanwälte aus den USA Druck aufgebaut. Sie bezweifelten die Rechtmäßigkeit der Klimabündnisse und warfen den Versicherern eine „aktivistische Klimaagenda“ vor.
Eigenständiger Kurs mit klarer Ausrichtung
Trotz des Rückzugs bekräftigt Munich Re das Klimaschutzengagement. Die bisherigen Ziele für 2025 seien erreicht oder übertroffen. Neue Zielmarken sollen Ende des Jahres im Rahmen einer überarbeiteten Unternehmensstrategie folgen. Die Botschaft ist klar: weniger Abstimmung, mehr Eigenverantwortung.
Der Strategiewechsel könnte Nachahmer finden – nicht nur in der Branche, sondern auch bei anderen global tätigen Finanzunternehmen.
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