Motorenbauer Deutz setzt voll auf Verbrenner – große Geschäftschancen in Sicht

Der Motorenkonzern Deutz, einst Pionier im Dieselmotorenbau, verfolgt eine neue Strategie. Das Unternehmen will vom allmählichen Rückgang der Verbrennungsmotoren profitieren und sich auf zwei neue Segmente konzentrieren. Diese Entscheidung beruht nicht auf Sturheit, sondern auf einer strategischen Ausrichtung (welt: 08.07.24).


Vor kurzem hielt Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) auf einer Industriebrache in Köln-Mülheim eine Festrede zur Autoindustrie. „Der Grundstein für die Motorisierung der Welt, der liegt hier bei uns – in Köln“, betonte er. An genau diesem Ort gründeten Nicolaus August Otto und Eugen Langen ihr Unternehmen, Deutz. Die Firma baute den ersten Viertaktmotor der Welt und strebt an, auch den letzten Verbrennungsmotor zu bauen.

Wie Deutz trotz historischer Krisen weiterhin überlebt: Die bewegende Geschichte eines Traditionskonzerns

Dass Deutz heute noch existiert, ist nicht selbstverständlich. „Wir haben eine bewegte Geschichte mit Höhen und Tiefen und standen dabei auch schon mal am Rande des Ruins“, erklärt Vorstandschef Sebastian Schulte. Der 45-Jährige übernahm vor gut zwei Jahren die Führung des Konzerns und musste zunächst googeln, ob Deutz noch existiert. Vom einstigen Industrieriesen mit Lkw- und Bus-Geschäft, Traktor- und Lokomotiven-Fertigung sowie Industrieanlagenbau ist nicht viel übrig geblieben.

Der deutsche Motorenhersteller Deutz setzt weiterhin auf Verbrennungsmotoren  und sieht dabei große Geschäftschancen
Der deutsche Motorenhersteller Deutz setzt weiterhin auf Verbrennungsmotoren und sieht dabei große Geschäftschancen

Einst arbeiteten bei Deutz Größen wie Gottlieb Daimler, Wilhelm Maybach und Ettore Bugatti. „Sie sind dann mit dem, was sie hier gelernt haben, hinausgegangen in die Welt und haben ihrerseits tolle Unternehmen gegründet“, erklärte Wüst in seiner Rede. Heute arbeiten rund 500.000 Mitarbeiter in Unternehmen, die aus der 160-jährigen Firmengeschichte hervorgegangen sind. Deutz selbst hat nur noch ein Hundertstel dieser Mitarbeiterzahl und kämpft seit Jahren gegen den Abstieg. Schulte bedauert viele der Portfolio-Entscheidungen, besonders gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Die Restrukturierung war jedoch notwendig, um das Unternehmen zu stabilisieren.

Deutz setzt auf Verbrennungsmotoren und Wasserstoff: So sieht die Zukunft des Traditionskonzerns aus

Heute produziert Deutz hauptsächlich Motoren für den Off-Highway-Bereich, wie Landmaschinen und Baumaschinen. Im Jahr 2023 verkaufte das Unternehmen rund 190.000 Motoren und erzielte einen Umsatz von 2,1 Milliarden Euro. Schulte ist überzeugt, dass die Zukunft des S-Dax-Konzerns im traditionellen Verbrennungsmotor liegt. Der Bedarf an mittelschweren Dieselmotoren wird zwar abnehmen, aber Deutz sieht darin eine Chance. Viele Truckhersteller könnten sich keine eigene Produktion mehr leisten, was Deutz als unabhängiger Hersteller nutzen möchte.

„Last Man Standing“ ist eine Strategie, die darauf spekuliert, als letzter Hersteller der alten Verbrenner-Technologie am Markt zu überleben. Schulte beschreibt es als Teil der Zukunftsstrategie von Deutz. Der Verbrennungsmotor wird noch lange gebraucht, etwa bei schweren Fahrzeugen im Bergbau, bei der Feuerwehr und in der Landwirtschaft. Auch außerhalb Europas wird der Übergang zu Elektroantrieben langsamer voranschreiten.

Parallel dazu versucht Deutz, Zukunftsfelder zu erschließen. Ein Beispiel ist der Wasserstoff-Verbrennungsmotor „GenSet“, der eine saubere Umweltbilanz verspricht. Anfang Juni begann die Serienfertigung im Stammwerk in Köln-Porz. Diese Motoren sollen künftig auch für Diesel-Loks und den Fahrzeugbereich angeboten werden.


So will der Traditionskonzern seine Zukunft sichern

Die Wasserstoff-Verbrennungsmotoren sind Teil der „Dual Plus“-Strategie von Deutz. Diese umfasst auch mobile Schnellladestationen und batterieelektrische Systeme. Deutz hat sich jedoch vom Elektro-Bootsmotorenhersteller Torqeedo getrennt, den der Vorgänger von Schulte gekauft hatte. Der Bereich grüne Technik bleibt trotz Investitionen in alternative Antriebe klein. 99 Prozent der Umsätze stammen weiterhin aus dem Kerngeschäft mit Verbrennungsmotoren.

Für Deutz wäre ein komplettes Ende des Verbrenners fatal. Schulte hofft auf eine politische Neuausrichtung in Brüssel. „Die Politiker sollten Rahmenbedingungen schaffen, aber ich finde es schwierig, wenn eine Technologie vorgeschrieben oder verboten wird.“ Er plädiert für eine ganzheitliche Betrachtungsweise, die auch CO₂-freie Verbrennungsmotoren mit grünem Wasserstoff oder E-Fuels einbezieht.

Deutz plant zudem den Einstieg in zwei neue Segmente: dezentrale Stromerzeugung und Rüstung. Der Markt für Notstromaggregate wächst, da Stromnetze in einigen Regionen oft ausfallen. Eine Lösung sind Inselnetze, die unabhängig vom Hauptnetz funktionieren und zur Energiewende beitragen. Ein weiteres potenzielles Geschäftsfeld ist die Rüstung, etwa mit Motoren für radbetriebene Panzer und Batteriespeichern für Lazarette. Dieses Segment bietet lukrative Nischen, in denen Verbrennungsmotoren noch lange überleben.

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