Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff fand in der Sendung von Maybrit Illner Worte, die kaum ein Spitzenpolitiker so offen formuliert. Der dienstälteste Regierungschef der Republik griff eine Formulierung auf, die wie ein Schlag in den politischen Betrieb klang: „Wir sind im Prinzip pleite.“ Dieser Satz fiel nicht im Affekt, sondern aus Frust über eine Lage, die sich seit Jahren zuspitzt. Haseloff erinnerte an verlorene Stärke und daran, dass das Land seine frühere wirtschaftliche Dominanz Stück für Stück eingebüßt hat. Die nüchterne Analyse stammt von jemandem, der seit über einem Jahrzehnt ein Bundesland führt und den Niedergang aus nächster Nähe erlebt.
Der finanzielle Kurs führt direkt in die Enge
Im Gespräch mit BILD legte Haseloff nach. Die Republik leistet sich zu viel, obwohl die wirtschaftliche Basis schrumpft. Rüstung, Infrastruktur und Sozialetats saugen Mittel auf, die längst nicht mehr durch reale Wertschöpfung gedeckt sind. Ab 2029 fließen laut Haseloff sämtliche Einnahmen in Soziales, Verteidigung und Zinslasten – ein Staat ohne Reserven, ohne Luft, ohne Zukunftspuffer. Das politische Berlin hantiert mit Zahlen, die nach Stabilität klingen sollen, doch der Ministerpräsident beschreibt eine Realität, die diametral dazu steht. Ohne konsequente Ausgabenkontrolle und ein kraftvolles Wirtschaftswachstum kollabieren die Sozialsysteme, weil sie ohne solide Einnahmen schlicht nicht tragfähig sind.

Fachleute warnten schon länger, allerdings mit weniger Schärfe. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm nannte die bestehende Finanzplanung einen „Offenbarungseid“. Diese Formulierung verdeutlicht das Ausmaß der Schieflage. Experten sehen die politischen Entscheidungen als riskanten Drahtseilakt, bei dem die wirtschaftliche Basis immer weiter erodiert. Die Kluft zwischen staatlichem Anspruch und wirtschaftlicher Realität wächst, und zwar rasant.
Geld verpufft – Wachstum bleibt aus
Der Blick auf das XXL-Sondervermögen zeigt ein weiteres Problem. Statt echten Investitionen fließen dort enorme Beträge in simple Umschichtungen oder konsumorientierte Ausgaben. Ökonomen sehen darin ein strukturelles Desaster, da kaum Impulse entstehen, die die Wirtschaft ankurbeln. Der Staat verschiebt Geld, statt Chancen zu schaffen. Genau diese Fehlsteuerung bremst das Land aus, während internationale Konkurrenten massiver investieren und Standortvorteile ausbauen.
Gleichzeitig ringt die Wirtschaft mit schwacher Nachfrage, hohen Kosten und wachsender Unsicherheit. Unternehmen investieren zögerlich, weil klare politische Leitplanken fehlen. Jahr für Jahr sinkt das Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit des Standortes. Diese Entwicklung setzt sich fort, während politische Entscheidungsträger mit komplizierten Haushaltskonstruktionen Zeit erkaufen, statt strukturelle Korrekturen einzuleiten.
Deutschland nähert sich einem Punkt ohne Rückweg
Bleibt der Kurs unverändert, erreicht die Republik in wenigen Jahren eine Lage, die kaum noch beherrschbar ist. Dann steht nicht mehr der Begriff „im Prinzip“ im Raum – dann steht die reale Zahlungsfähigkeit auf dem Spiel. Haseloff deutet genau darauf: Ohne eine radikale Neuordnung der Prioritäten laufen Staat und Wirtschaft auf ein Szenario zu, das die soziale und politische Stabilität gefährdet. Die Kombination aus schwindender ökonomischer Kraft, explodierenden Ausgaben und massiver Zinslast setzt das Land unter enormen Druck.
Der Ministerpräsident formuliert das, was viele längst fühlen, aber selten so offen ausgesprochen hören. Deutschland steht an einer Weggabelung: Entweder folgt eine ehrliche und harte Kurskorrektur – oder das Land steuert in eine Zukunft, in der Entscheidungen nicht mehr frei getroffen, sondern durch finanzielle Zwänge diktiert werden. Haseloff liefert keine Schönfärberei, sondern eine Diagnose, die niemand mehr ignorieren kann. (KOB)
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