Millionenverluste, zerplatzte Pläne – E-Lkw-Pionier Bollinger Motors vor Insolvenz

Der amerikanische E-Lkw-Hersteller Bollinger Motors steht kurz vor dem wirtschaftlichen Aus. Ein Bundesrichter in den USA ordnete die Zwangsverwaltung an, nachdem der Betrieb seine laufenden Verpflichtungen nicht mehr bedienen konnte. Weder Gehälter noch Mieten wurden gezahlt, auch Lieferanten blieben auf ihren Rechnungen sitzen. Das Unternehmen aus Oak Park bei Detroit, einst mit großen Ambitionen gestartet, kämpft nun um seine Existenz (electrive: 16.05.25).


Vom Hoffnungsträger zum Sanierungsfall

Bollinger Motors galt als Pionier im wachsenden Markt für elektrische Nutzfahrzeuge. Gegründet mit dem Anspruch, robuste und emissionsfreie Modelle für Gewerbekunden zu entwickeln, präsentierte der Hersteller zunächst den SUV B1 und den Pickup B2. Später folgte der B4 – ein vollelektrischer Lkw mit bis zu 7,2 Tonnen Gesamtgewicht. Doch statt Expansion folgte der Rückzug: Ab 2022 konzentrierte sich das Unternehmen ausschließlich auf den B4.

Bollinger Motors kämpft ums Überleben: Zwangsverwaltung, Millionenverluste und ausstehende Gehälter setzen dem E-Lkw-Pionier massiv zu
Bollinger Motors kämpft ums Überleben: Zwangsverwaltung, Millionenverluste und ausstehende Gehälter setzen dem E-Lkw-Pionier massiv zu

Im Januar 2025 kam das abrupte Ende der Produktion. Die Fertigung in einer Halle von Roush Enterprises musste eingestellt werden, nachdem Bollinger offene Rechnungen in Höhe von 1,8 Millionen Dollar nicht beglich. Damit verlor das Unternehmen nicht nur den Zugang zu seiner Produktionsstätte, sondern auch seine letzten operativen Strukturen.

Klage, Vorwürfe und ein führungsloses Unternehmen

Gründer Robert Bollinger hatte bereits zuvor die Kontrolle über sein Unternehmen verloren. Nach dem Verkauf seiner Mehrheitsanteile an Mullen Automotive zog er vor Gericht. Grund war ein nicht zurückgezahltes Darlehen in Höhe von zehn Millionen Dollar. In seiner Klage wirft er Mullen schwere Versäumnisse vor. Die neue Führung habe weder strategische Leitlinien gesetzt noch gegebene Zusagen eingehalten. Seit der Übernahme fehlten dem Unternehmen Richtung und Substanz.

Zudem befindet sich Bollinger Motors in einem Dilemma: Fahrzeuge im Wert von rund fünf Millionen Dollar stehen auf Lager, doch die Vertriebsstruktur existiert kaum noch. Ohne funktionierendes Marketing lassen sich keine Kunden erreichen. Laut Detroit News liegt die Hoffnung nun auf frischem Kapital und einer Rückkehr zur Produktion – sobald offene Forderungen beglichen und neue Partner gefunden wurden.

Zwischen Lagerbestand und Investorenflaute

Trotz leerer Kassen geben sich manche Verantwortliche kämpferisch. Man halte an den Fahrzeugmodellen fest und hoffe auf eine baldige Reaktivierung der Fertigung. Der laufende Prozess der Zwangsverwaltung soll helfen, Gläubiger zu bedienen und Vertrauen bei Investoren zurückzugewinnen. Ob sich ein rettender Ausweg findet, bleibt offen – die Entscheidung über die Zukunft könnte bereits in wenigen Wochen fallen.

Die Schwierigkeiten bei Bollinger sind kein Einzelfall. Auch andere E-Lkw-Startups kämpfen mit ähnlichen Problemen. Zwar wächst die Nachfrage nach emissionsfreien Nutzfahrzeugen, doch der Weg zur Serienproduktion bleibt steinig. Fehlende Skaleneffekte, hohe Entwicklungskosten und ein zögerlicher Markt machen es neuen Herstellern schwer, Fuß zu fassen.


E-Lkw-Markt unter Druck – nicht nur in den USA

Bollinger Motors ist nicht das erste Unternehmen, das am E-Lkw-Markt scheitert. Zuletzt musste Nikola Insolvenz anmelden, dessen Werk ging an den Konkurrenten Lucid. Auch in Europa zeigt sich das gleiche Bild: Volta Trucks, Tevva und Quantron mussten aufgeben. Nur Quantron versucht sich an einem Neuanfang, nachdem Gründer Andreas Heller die Anteile zurückgekauft hat.

Die Lage zeigt deutlich, wie risikobehaftet der Markt für elektrische Nutzfahrzeuge bleibt. Vor allem kleinere Unternehmen stoßen schnell an ihre Grenzen – selbst wenn ihre Produkte technisch überzeugen. Ohne starke Kapitalbasis und klare strategische Führung geraten sie schnell ins Straucheln. Bollinger Motors steht nun exemplarisch für die Herausforderungen dieser Branche. Ob das Unternehmen überlebt, hängt nicht zuletzt davon ab, ob Investoren noch Vertrauen in das Konzept fassen.

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