Lithium erzeugt in Südamerika Hoffnungen und Ängste

Türkisblau mit weißen Einsprengseln leuchten die Lithium-Minen Südamerikas in der Wüste. Das Farbspektakel der Abbaustätten kontrastiert mit der Ödnis der umliegenden Landschaft. Die Lithium-Minen im Grenzgebiet zwischen Argentinien, Bolivien und Chile repräsentieren leuchtende Hoffnungen in den südamerikanischen Ländern. Doch zugleich rufen sie auch viele Sorgen hervor – vor allem wegen ihres hohen Wasserverbrauchs in der von Dürren geplagten Region (wfd).


In Salinas Grandes, einer Salzwüste in der argentinischen Provinz Salta, verkündet ein Protestschild am Straßenrand: „Nein zum Lithium, Ja zum Wasser und zum Leben.“ Jede Anlage verbraucht Millionen von Liter Wasser am Tag.

Doch das weiße Metall gilt als das „Erdöl des 21. Jahrhunderts“. Es wird für die Herstellung der Batterien von Elektroautos gebraucht und befindet sich auch in Handys und anderen elektronischen Geräten. Der Lithium-Export wird deshalb auch ein Thema der Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sein, der von Samstag bis Mittwoch Argentinien, Chile und Brasilien besucht. Der Kanzler wird von einer Wirtschaftsdelegation begleitet.

Lithium-Minen in Argentinien, Bolivien und Chile sorgen für Aufschwung. Doch zugleich gibt es Sorgen - vor allem wegen ihres hohen Wasserverbrauchs
Lithium erzeugt in Südamerika Hoffnungen und Ängste

Anders als etwa China sei Deutschland früher davor „zurückgeschreckt“, sich etwa am Lithium-Abbau zu beteiligen, der mit Blick auf Sozial- und Umweltfragen eine „anspruchsvolle Sache“ sei, hieß es in Regierungskreisen in Berlin. „Den Luxus können wir uns heute nicht mehr erlauben, wenn wir wirklich auf eigenen Füßen stehen wollen und wenn wir wirklich eigene Bezugsquellen haben wollen.“

Der Preis für Lithium ist in den vergangenen Jahren sprunghaft gestiegen –  nach Angaben der Preismeldeagentur Benchmark Mineral Intelligence von 5700 Dollar pro Tonne  im Jahr 2020 auf über 65.000 Dollar im vergangenen Jahr.

Entsprechend groß sind die Hoffnungen, die sich in den südamerikanischen Abbauländern mit diesem Metall verknüpfen. In den Wüstengebieten Argentiniens, Boliviens und Chiles verbergen sich unter der Erde 56 Prozent der 89 Millionen Tonnen Lithium, die weltweit identifiziert wurden, heißt es in einem Bericht der US-Geologiebehörde USGS von 2022.


In Chile kommt das Lithium aus der Atacama-Wüste im Norden des Landes. Doch unter den Einwohnern herrscht Verunsicherung. „Wir wollen ganz genau wissen, was die tatsächlichen Auswirkungen durch das Abpumpen des Grundwassers sind“, sagt Claudia Pérez, eine Bewohnerin des Tals von San Pedro, die in einem staatlichen Unterstützungsprogramm für indigene Gemeinden arbeitet.

Die Rechte für den Lithium-Abbau in der Atacama-Wüste liegen beim US-Konzern Albemarle und dem chilenischen Unternehmen SQM, die bereits Millionenentschädigungen an umliegende Gemeinden zahlen. Dennoch fürchten die Gemeinden um ihren Lebensunterhalt aus der Landwirtschaft.

Eine Ortsbesichtigung im Jahr 2013 zeigte, dass ein Drittel der überaus widerstandsfähigen, tiefwurzelnden Johannisbrotbäume abgestorben war – einer späteren Studie zufolge wegen Wassermangels. SQM verbrauchte nach eigenen Angaben im Jahr 2022 im Schnitt 400.000 Liter pro Stunde für seine Fabrik.

Das Lithium aus der Atacama-Wüste machte im Jahr 2021 laut der USGS 26 Prozent der globalen Produktion aus, Chile lag damit an zweiter Stelle der weltweiten Lithium-Produzenten hinter Australien. Albemarle und SQM müssen 40 Prozent ihrer Einnahmen aus dem Verkauf an den chilenischen Staat abgeben. Schon im ersten Halbjahr 2022 überstiegen Chiles Steuereinnahmen aus dem Lithium jene von Kupfer – Chile ist der größte Kupferproduzent der Welt.


Auch in Argentinien auf der anderen Seite des Anden-Gebirgszuges erzeugt der Lithium-Abbau Ängste in den betroffenen Gemeinden. Verónica Chávez, die Vorsitzende der indigenen Gemeinde Kolla Santuario de Tres Pozos in der Provinz Jujuy schimpft: „Es stimmt nicht, was sie sagen, dass sie den Planeten retten werden. Es ist doch vielmehr so, dass wir unser Leben geben sollen, um (ihn) zu retten. Wir essen weder Lithium noch Batterien. Wir trinken Wasser“, sagte sie einem Reporterteam der Nachrichtenagentur AFP, während sie vor einem enormen Salzhaufen stand, den eine örtliche Kooperative geerntet hatte.

Im nördlich angrenzenden Bolivien wiederum liegt der größte Salzsee der Welt, der mehr als 10.000 Quadratkilometer große Salar de Uyuni. Er birgt laut der USGS ein Viertel der weltweiten Lithium-Vorräte – in einem Gebiet, das von hoher Armut geprägt ist.

Die Länder des Lithium-Dreiecks wollen das heißbegehrte Metall aber nicht nur liefern. Sie planen die industrielle Verwertung vor Ort. „Südamerika hat alle notwendigen Rohstoffe zur Herstellung von Batterien und Elektrofahrzeugen“, unterstreicht der Ökonom Juan Carlos Zuleta aus Argentinien. Dies biete die „konkrete Chance, dass Südamerika zum nächsten China wird“.

© Agence France-Presse

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