Nach vielen Monaten von Mahnwachen, Appellen an den Besitzer und der Suche nach neuen Investoren endet für den letzten deutschen Güterwagenhersteller nun alles. Niesky muss sich von einem langjährigen Traditionsunternehmen verabschieden. Eine Übergangslösung in Form einer Beschäftigungsgesellschaft soll den Mitarbeitern helfen. Der 195 Jahre alte Waggonbau Niesky ist insolvent und hat Ende August endgültig seinen Betrieb eingestellt (saechsische: 31.08.23).
Letzter Güterwagenhersteller in Deutschland schließt
Der Insolvenzverwalter berichtet, dass das Unternehmen keine Einnahmen mehr erzielt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden vorübergehend von einer Beschäftigungsgesellschaft unterstützt.
Damit verschwindet der letzte Hersteller von Güterwagen gezielt aus dem deutschen Markt, wie der Vorsitzende des Betriebsrats, Peter Jurke, in einer Mitteilung an die Belegschaft erklärt. „Leider haben wir den Kampf verloren. Der vertraute Waggonbau Niesky, den wir seit vielen Jahren kennen, gehört nun der Vergangenheit an und wird in dieser Form nicht weiterbestehen“, bedauerte er.
Insolvenzverwalter berichtet über leere Auftragsbücher
Laut Insolvenzverwalter Ludwig Danko sind die Auftragsbücher des Waggonbaus Niesky nahezu leer. Das Unternehmen erzielt keine Umsätze mehr und war daher gezwungen, den Geschäftsbetrieb zum 31. August 2023 einzustellen. Die Insolvenzregeln erlauben die Fortführung der Geschäfte nur, wenn dadurch keine Nachteile für die Gläubiger entstehen.
Trotz der Situation konnte der Insolvenzverwalter Massenentlassungen verhindern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Möglichkeit, zum 1. September in eine sogenannte Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft zu wechseln. Dort werden sie für weitere vier Monate beschäftigt und erhalten einen Großteil ihrer Nettobezüge.
Während dieser Zeit erhalten sie Unterstützung bei der Jobsuche und Weiterbildungen. Der Insolvenzverwalter hofft, dass sich in dieser Phase eine Lösung mit Investoren für den Waggonbau Niesky findet.
Trotz langer Kurzarbeitsphasen und zahlreicher Mahnwachen seitens der Waggonbauer hatte der Eigentümer aus der Slowakei im Mai Insolvenz für das Werk angemeldet. Seitdem hat der Insolvenzverwalter Gespräche mit potenziellen Investoren geführt, um die Lage zu verbessern. Da keine neuen Aufträge eingegangen waren, hatte die Belegschaft zuletzt keine Arbeit.
Ungewisse Zukunft für 200 Mitarbeiter: Betriebsrat kritisiert fehlende Investitionen in Schienengüterverkehr
Aktuell steht fest, dass knapp 200 Mitarbeiter sich nach neuen Arbeitsplätzen umsehen müssen. Der alteingesessene Betrieb in der Oberlausitz wird abgewickelt. Ob die Beschäftigungsgesellschaft den Mitarbeitern einen Weg in eine neue Zukunft eröffnen kann, bleibt unklar.
Der Betriebsratsvorsitzende des Güterwagenherstellers, Jurke, äußerte im ZDF-Morgenmagazin Kritik daran, dass Deutschland zu wenig in den Schienengüterverkehr investiere. Er betonte, dass Nachbarländer wie Österreich und die Schweiz seit Jahrzehnten erfolgreich gezeigt hätten, wie man Lastwagen von den Straßen bekommt. Dort werde in die Schiene investiert, während dieses Thema in Deutschland nur im Wahlkampf zur Sprache komme.
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