Kurswechsel in der Energiepolitik – Japans entschlossener Wiedereinstieg in die Kernkraft

Vierzehn Jahre nach Fukushima vollzieht Japan einen drastischen Kurswechsel. Während Deutschland seine letzten Reaktoren abschaltet, reaktiviert Japan schrittweise seine Atomkraftwerke. Mitten in einer globalen Energiekrise setzt die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt wieder auf Kernenergie – strategisch, langfristig und rechtlich abgesichert (nippon: 24.06.25).


Kurswechsel mit Gesetz und Konsequenz

Unmittelbar nach dem Reaktorunglück von 2011 kündigte Japan den Ausstieg aus der Kernkraft an. Binnen eines Jahres gingen alle Reaktoren vom Netz. Doch steigende Energiepreise, globale Abhängigkeiten und Klimaziele veränderten die Lage. Aus dem einstigen Ausstieg entwickelte sich ein Kurswechsel mit strategischer Dimension.

Japans Kurswechsel: Nach Fukushima kehrt das Land zur Kernenergie zurück – mit politischem Rückhalt und 14 reaktivierten Reaktoren
Japans Kurswechsel: Nach Fukushima kehrt das Land zur Kernenergie zurück – mit politischem Rückhalt und 14 reaktivierten Reaktoren

Heute setzt Japan auf nukleare Versorgungssicherheit. Von 33 potenziell einsatzfähigen Reaktoren sind 14 wieder am Netz – im Schnitt ein Neustart pro Jahr. Die Regierung plant, bis 2030 etwa 22 Prozent des Strombedarfs aus Kernenergie zu decken.

Rechtlicher Rahmen für den Wiedereinstieg

Im Mai 2023 beschloss das Parlament ein weitreichendes Atomgesetz. Die 60-Jahres-Grenze für Reaktoren entfällt. Neue Kraftwerke dürfen gebaut, alte ersetzt werden. Voraussetzung bleibt: regelmäßige und bestandene Sicherheitsprüfungen. Der gesetzliche Rahmen spiegelt Japans Wunsch wider, energiepolitisch unabhängiger zu handeln – wirtschaftlich und sicherheitspolitisch.

Dieser Kurswechsel dient nicht nur dem Binnenmarkt. Er verschafft Japan Spielraum in global angespannten Energiemärkten. Zudem bietet er eine CO₂-arme Alternative zu fossilen Brennstoffen – ohne die Abhängigkeit von Wind und Sonne.

Positive Effekte bereits spürbar

In den Regionen Kansai und Kyushu, wo Reaktoren wieder ans Netz gingen, sanken die Strompreise. Das aktuelle Weißbuch der Japan Atomic Energy Commission hält fest: „Die Strompreise blieben in den Regionen Kansai und Kyushu, in denen Kernkraftwerke wieder ans Netz gingen, gedämpft.“

Auch beim Klimaschutz liefert die Kernkraft Ergebnisse. Der Kommissionsbericht stellt klar: „Eine verstärkte Nutzung der Kernkraft bei höchster Priorität für die Sicherheit ist wirkungsvoll.“ Die Rückkehr zur Atomenergie erfolgt dabei nicht aus Nostalgie, sondern aus modernem Verständnis von Versorgungssicherheit und Emissionsreduktion.

Vertrauen stärken bleibt zentrale Aufgabe

Fukushima bleibt im kollektiven Gedächtnis präsent. Das Weißbuch weist auf tief verwurzelte Sorgen in der Bevölkerung hin: „Das Misstrauen und die Besorgnis der Bevölkerung gegenüber der Kernenergie bestehen weiterhin stark.“ Der Bericht empfiehlt, Informationen künftig stärker über soziale Medien und direkte Kommunikation bereitzustellen.

Nur mit Transparenz, Beteiligung und nachvollziehbarer Technik lässt sich verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Der Kurswechsel gelingt dauerhaft nur, wenn Sicherheit nicht nur versprochen, sondern messbar gemacht wird.


Japans Sonderweg in der Atompolitik

Im Gegensatz zu Deutschland verfolgt Japan keinen ideologisch motivierten Ausstieg. Der energiepolitische Kurswechsel ergibt sich aus Erfahrung, Strategie und Notwendigkeit. Die geopolitischen Verschiebungen seit 2022 verstärken diesen Wandel.

Japans Rückkehr zur Atomkraft steht exemplarisch für einen pragmatischen Umgang mit Energiefragen. Während andere Länder zaudern, entscheidet sich Tokio für Eigenverantwortung, Technologieoffenheit und Klimaschutz – in Form eines neuen nuklearen Selbstverständnisses.

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