Die anhaltende Krise der deutschen Automobilhersteller, insbesondere bei der Volkswagen-Gruppe zieht immer weitere Kreise und betrifft längst auch ausgelagerte Produktionsstätten innerhalb der Europäischen Union. Letztes Opfer: der Standort Brüssel-Forest in Belgien und das dortige Audi-Werk. (euronews, 28.02.2025)
Endgültiges Aus: Tausende Arbeitnehmer im belgischen Audi-Werk verlieren ihre Jobs!
Die belgische Automobilproduktion mit den Montagewerken von Ford in Genk, Opel in Antwerpen, Audi in Brüssel oder Volvo in Gent war in der Vergangenheit immer ein wirtschaftlich akzeptabler und unternehmensrelevanter Partner zahlreicher Hersteller. Selbstverständlich hat auch in den letzten Jahrzehnten die ein- oder andere Krise die Automobilbranche erschüttert, doch die heutige Situation ist zu Teilen hausgemacht. Besonders in Deutschland haben sich aufgrund der eingeleiteten Energiewende die Kosten der Industrie explizit erhöht, so sind aktuell allein die Strompreise bis zu fünfmal so hoch wie in anderen Ländern, die als Konkurrenzstandorte infrage kommen würden.

Im Brüsseler Werk ließ bis zum Jahr 2006 Volkswagen produzieren, konnte allerdings eine Schließung nur durch Umstrukturierungsmaßnahmen verhindern. Seitdem wurden am Standort Ober- und Luxusklassenfahrzeuge der Konzerntochter Audi montiert. Bereits Mitte des letzten Jahres zeigten sich die ersten Anzeichen der immensen Krise beim Wolfsburger Mutterkonzern. Als Folge wurde auch am Brüsseler Standort die Produktion heruntergefahren und bereits rund 1.500 bis 2.000 Stellen abgebaut. Letzten Monat im Februar hatte nun alles Hoffen ein Ende. Das Audi-Werk Forest stellte endgültig den Betrieb ein und 3.000 Arbeitnehmer wurden entlassen.
Auslagerung der Produktion nach China und Mexiko
Die endgültige Schließung des Brüsseler Montagewerks von Audi zeichnete sich ab und war angekündigt. Die Konzernspitze befürwortete in diesem Zusammenhang eine Verlagerung der Automobilproduktion zu den werkseigenen Standorten in China und Mexiko. Dass die Automobilindustrie innerhalb Belgiens während des letzten Vierteljahrhunderts einen starken Rückgang bis zu etwa 80 % erlitten hat, ist hierbei nur das Endergebnis einer wirtschaftlichen Kettenreaktion.
Für viele der betroffenen Arbeitnehmer war dies allerdings zweitrangig. Dementsprechend fielen auch die Reaktionen und die Frage nach der Schuld für die Werkschließung aus. Während zunächst Tausende Mitarbeiter mit gewerkschaftlicher Unterstützung in den Streik traten und hierbei Hunderte Schlüssel fertiggestellter Automobile in „Geiselhaft“ nahmen, um ihren Protest auszudrücken, reagierten andere eher pragmatisch. „Für Audi waren wir als belgische Arbeitnehmer einfach zu teuer und die Gewinnspannen des Konzerns zu niedrig!“, hieß es beispielsweise.
Andere zeigten sich emotional betroffen. „Es erinnert ein wenig an eine Scheidung“, sagte der seit über 10 Jahren im belgischen Audi-Werk tätige Aurelian Duval aus der Wartungsabteilung. „Man weiß im Grunde genommen gar nicht, wo die Schuld zu suchen ist. Bei der Geschäftsleitung oder bei einem selbst? Ein merkwürdiges Gefühl, doch eigentlich sind sie ja nicht bankrottgegangen, denn sie gehen ja nur, um mehr Gewinne einzustreichen!“
Wirtschaftspolitische Folgen, Gewinneinbrüche und schwierige Bedingungen
Die Automobilindustrie ist im Umbruch. Die letzten Jahre haben aufgezeigt, dass viele Hersteller mit Problemen zu kämpfen haben. Das Beispiel des Volkswagenkonzerns als einen der großen global agierenden Player, aber auch als Wegweiser hinsichtlich der immens bedeutenden Rolle für die deutsche Wirtschaft, beinhaltet etliche Faktoren. Bei VW war es zunächst der „Dieselskandal“, gefolgt von den verpassten Chancen bei der Erweiterung im Segment der Elektromobilität. Neben einbrechenden Absatzzahlen zeichnet vor allem die in der Bundesrepublik durchgesetzte Energiewende mit den damit einhergehenden enorm gestiegenen Produktionskosten für die derzeitige Entwicklung verantwortlich und zeigt anhaltend auf, wie bedrohlich die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft beeinträchtigt ist. Steuern, ausbleibende Subventionen und Lohnkosten schmälern zusätzlich die Gewinne, sodass auch 35.000 VW-Beschäftigte seit dem Jahreswechsel um ihre Jobs fürchten müssen.
Der noch kurz vor dem Jahresende 2024 beschlossene Maßnahmen- und Sparkatalog, welcher unter Mitwirkung der Gewerkschaften geschnürt wurde, beinhaltete Stellenabbau und Gehaltsverzicht. Fakt ist, der Produktionsstandort Deutschland und in vielen Teilen auch die angrenzenden EU-Staaten sind unter den derzeitigen wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht mehr rentabel und verschlingen Unsummen. Es bleibt abzuwarten, ob Werksauslagerungen nach China oder Mittelamerika eine Wende bringen. Gerade in China, wo Volkswagen bis 2024 noch 40 % des Hauptgeschäftes gutschreiben konnte, brach der Absatz enorm ein, da hier günstige Elektroautos im Fokus stehen. Auch in der EU sollen bis zum Jahr 2035 keine „Verbrenner“ mehr vom Band rollen. Für das geschlossene Audi-Werk in Brüssel könnte sich perspektivisch eine neue Chance ergeben. Die aktuelle politische Situation hat gezeigt, dass besonders die europäische Rüstungsindustrie vor enormen Herausforderungen steht und so könnten neue Produktionsstätten dringend benötigt werden.
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