Die geplante Energie-Insel vor der belgischen Küste, ein Prestigeprojekt der Windkraft, gerät ins Stocken. Ursprünglich als zentraler Knotenpunkt für Offshore-Windparks konzipiert, explodieren die Kosten von veranschlagten 2,2 Milliarden auf über sieben Milliarden Euro. Der Betreiber Elia Transmission Belgium hat die Investitionen vorerst eingestellt. Dies zeigt, wie stark politische und wirtschaftliche Unsicherheiten die europäische Energiewende beeinflussen (welt: 10.01.25).
Teurer als erwartet: Herausforderungen bei der Energie-Insel
Die Energie-Insel „Princess Elisabeth“ sollte drei große Offshore-Windparks miteinander verbinden, Stromleitungen zu Nachbarländern sicherstellen und Energie in verschiedenen Spannungsformen umwandeln. Doch technische Probleme und gestiegene Materialkosten bringen das Projekt ins Wanken. Zusätzlich erschweren Lieferengpässe den Bau. Die europäische Offshore-Windkraft, einst als tragende Säule der Energiewende gefeiert, gerät damit ins Visier von Kritikern.
Auch Umweltaspekte verstärken den Widerstand. Die ständige Expansion von Offshore-Windparks belastet das Ökosystem der Nordsee. Umweltschützer warnen vor gravierenden Auswirkungen auf maritime Lebensräume.
Politischer Gegenwind in Belgien und Europa
Der Stopp des belgischen Projekts hängt eng mit der politischen Lage zusammen. Während der Regierungsbildung in Brüssel sollen keine unumkehrbaren Entscheidungen getroffen werden. Frédéric Dunon von ETB erklärte, dass alternative Lösungen, wie die Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken, in Betracht gezogen werden müssen. Belgien hatte bereits unter Premierminister de Croo entschieden, zwei Atomreaktoren zehn Jahre länger zu betreiben. Neubauten stehen inzwischen ebenfalls zur Diskussion.
Andere europäische Länder zeigen ähnliche Tendenzen. In den Niederlanden wurde das Ziel, 50 Gigawatt Offshore-Windkraft bis 2040 zu installieren, verworfen. Stattdessen soll Kernkraft stärker gefördert werden. Auch in Schweden und Dänemark haben Offshore-Projekte entweder verzögert oder ganz abgesagt. Sicherheitsbedenken und hohe Kosten spielen hier eine zentrale Rolle.
Wirtschaftliche Hürden und neue Konkurrenz
Die europäische Offshore-Branche sieht sich zudem starker Konkurrenz aus China ausgesetzt. Chinesische Hersteller bieten leistungsstarke Windturbinen zu niedrigeren Preisen an. Europäische Unternehmen wie Siemens Gamesa und Vestas setzen zwar auf Innovationen, doch können sie die Kostensteigerungen in der Lieferkette nicht kompensieren. Auch die Rekrutierung von Fachkräften für Offshore-Anlagen wird zunehmend zur Herausforderung.
Zudem zeigt das Beispiel Deutschland, wie ambitioniert die Ausbauziele sind. Um die Kapazität von derzeit 8,6 Gigawatt auf 30 Gigawatt bis 2030 zu steigern, müsste sich der jährliche Ausbau verfünffachen. Ob dies realistisch ist, bleibt fraglich.
Zukunftsperspektiven der Offshore-Windkraft
Die Offshore-Windkraft könnte trotz aller Widrigkeiten weiterhin eine tragende Rolle spielen. Ihre großflächige Vernetzung ermöglicht eine bessere Balance zwischen Stromerzeugung und -verbrauch. Auch die direkte Umwandlung überschüssiger Energie in Wasserstoff birgt Potenzial. Dennoch bleibt unklar, ob die europäische Offshore-Strategie langfristig aufgeht. Skeptiker ziehen Parallelen zur Solarbranche, die einst von Asien dominiert wurde.
Die nächsten Jahre werden zeigen, ob die Windkraft weiterhin als Hoffnungsträger der Energiewende gilt oder ob sich alternative Technologien durchsetzen.
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