Kolonialismus im grünen Gewand – die dunkle Seite der Energiewende

Die Soziologin Miriam Lang kritisiert einen neuen Kolonialismus in der globalen Energiepolitik. „Im Namen der Energiewende entsteht ein neuer Kolonialismus.“ Internationale Konzerne aus den USA, Europa und China sichern sich Zugang zu strategischen Rohstoffen im Globalen Süden. Offiziell geht es um Klimaschutz, doch dahinter steckt eine alte Logik der Ausbeutung (deutschlandfunkkultur: 16.08.25).


Grüner Extraktivismus und moderner Kolonialismus

Für den Umbau der Energiesysteme braucht die Industrie immer mehr Lithium, Kobalt und Kupfer. Diese Ressourcen stammen aus Regionen, in denen ökologische Systeme besonders verletzlich sind. Dort verlieren viele Menschen ihre Lebensgrundlage, während internationale Firmen die Gewinne abschöpfen. Die ökonomischen Muster erinnern an Kolonialismus, auch wenn sie heute unter dem Siegel der Nachhaltigkeit auftreten.

Neuer Kolonialismus prägt die Energiewende - Rohstoffhunger, Ausbeutung und Ungleichheit bedrohen Klimaschutz und globale Gerechtigkeit
Neuer Kolonialismus prägt die Energiewende – Rohstoffhunger, Ausbeutung und Ungleichheit bedrohen Klimaschutz und globale Gerechtigkeit

Deutschland investiert massiv in grünen Wasserstoff. Großprojekte entstehen in afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern. Doch die lokale Bevölkerung profitiert kaum. Stromnetze entstehen oft ausschließlich für den Export, während Gemeinden in unmittelbarer Nähe keinen sicheren Zugang zu Energie besitzen.

Konzerne diktieren die Spielregeln

Lang macht deutlich, dass auch China und die USA ähnliche Strategien verfolgen. Chinesische Projekte locken mit Krediten und Infrastruktur, während die USA politischen Druck einsetzen. Das Ziel bleibt jedoch gleich: billige Rohstoffe für den eigenen Übergang zur klimafreundlichen Wirtschaft. „Plünderung wie zur Kolonialzeit gilt jetzt als Klimaschutz.“

Besonders problematisch sind die sozialen Folgen. Landenteignungen, Wassermangel und zerstörte Ökosysteme belasten die lokalen Gemeinschaften. Widerstand formiert sich, doch viele Konflikte erreichen in Europa kaum Aufmerksamkeit, weil die Argumentation mit Klimaschutz moralische Legitimität verschafft.


Globale Gerechtigkeit statt grüner Kolonialismus

Miriam Lang fordert ein grundsätzlich anderes Modell. Ressourcen dürfen nicht mehr einseitig aus armen Ländern abgezogen werden, während deren Gesellschaften zurückbleiben. Stattdessen braucht es regionale Kreisläufe, Recycling und eine Reduzierung des Rohstoffverbrauchs. Nur so lässt sich verhindern, dass die Energiewende auf Kosten anderer betrieben wird.

Der Gedanke dahinter ist klar: Ohne eine dekoloniale Perspektive bleibt Klimapolitik unvollständig. „Vorne Klimaschutz, hinten grüner Kolonialismus.“ Die Auseinandersetzung mit dieser Realität entscheidet darüber, ob die Energiewende wirklich global gerecht ausfällt – oder nur eine Neuauflage alter Machtmuster bleibt.

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