SPD-Chef Lars Klingbeil schließt Steuererhöhungen erstmals nicht mehr aus. Der Haushalt 2027 reißt tiefe Lücken – Sparen allein genügt offenbar nicht. Statt beruhigender Worte setzt Klingbeil auf Klartext: Mehr Einnahmen und Einschnitte gelten als notwendig, um das Haushaltsloch von über 30 Milliarden Euro zu stopfen (welt: 30.07.25).
Klingbeil warnt vor massiven Einschnitten
In seiner Finanzplanung bis 2029 sprach Klingbeil ungewöhnlich oft vom Sparen. Begriffe wie „konsolidieren“ oder „priorisieren“ verschwanden fast völlig. Der Bund könne sich angesichts explodierender Schulden keine Ausgabenpolitik mehr leisten, die auf Wunschlisten basiert. Jeder Minister müsse sich auf Kürzungen einstellen – eine klare Ansage an das Kabinett.

Konkrete Sparmaßnahmen nannte Klingbeil nicht. Zwar will er Subventionen prüfen und auf Vorschläge der eingesetzten Kommissionen zu sozialen Sicherungssystemen setzen. Auch das Bürgergeld soll reduziert werden. Doch das angekündigte „Gesamtpaket“ bleibt vorerst ein vages Versprechen.
Klingbeil setzt auch auf neue Einnahmen
Neben Einsparungen plant Klingbeil zusätzliche Einnahmequellen. Der Kampf gegen Steuerbetrug und Finanzkriminalität rückt stärker in den Vordergrund. Ein Gesetzentwurf sei in Arbeit. Außerdem hält Klingbeil Steuererhöhungen für möglich. „Alles muss denkbar sein“, betonte er und verwies auf den Vorschlag von Kulturstaatsminister Weimer, eine Digitalabgabe einzuführen.
Im Gegensatz zur Union will Klingbeil zumindest höhere Steuern nicht ausschließen. Gleichzeitig bekräftigte er das Versprechen, kleine und mittlere Einkommen nicht zusätzlich zu belasten. Das Ziel: Umverteilung ohne sozialen Unmut – ein politischer Balanceakt, der viel Fingerspitzengefühl verlangt.
Kritik aus allen Richtungen
CDU-Haushälter Christian Haase begrüßte die Bereitschaft zum Sparen, ließ jedoch eigene Vorschläge vermissen. Auch die AfD stellte sich gegen den bisherigen Haushaltskurs. Michael Espendiller zweifelte am Nutzen schuldenfinanzierter Ausgaben, nannte jedoch keine Alternativen. Die Grünen kritisierten milliardenteure Entlastungen mit „CSU-DNA“ und forderten strukturelle Reformen.
Sebastian Schäfer von den Grünen sprach sich für den Abbau steuerlicher Ausnahmen und schärfere Maßnahmen gegen Finanzkriminalität aus. Auch er stellte klar, dass die Einnahmeseite nicht vernachlässigt werden dürfe. Damit liegt zumindest bei diesem Punkt eine mögliche Schnittmenge mit Klingbeil vor.
Sozialpolitische Glaubwürdigkeit auf dem Prüfstand
Die Linkspartei kritisierte den Kurs scharf. Haushaltsfachmann Dietmar Bartsch warf der SPD vor, Versprechen zur Vermögensbesteuerung nicht einzulösen. Stattdessen dominierten Kürzungen – für ihn ein „Offenbarungseid der Sozialdemokraten“. Klingbeil müsse nun beweisen, dass soziale Gerechtigkeit nicht dem Rotstift zum Opfer falle.
Ob sein Vorstoß zu Steuererhöhungen politische Mehrheiten findet, bleibt offen. Klar ist: Klingbeils Strategie verlangt Einsicht, Entschlossenheit – und Opferbereitschaft auf vielen Ebenen. Die Belastungsprobe für Regierung und Gesellschaft beginnt jetzt.
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