Trotz beeindruckender Fortschritte bei der Stromproduktion aus CO₂-armen Quellen droht der weltweite Ausbau sauberer Energien ins Leere zu laufen. Der Grund: Der Stromhunger moderner Klimaanlagen steigt schneller als die Stromerzeugung aus Wind, Sonne und Wasser. Ein Bericht des Forschungsinstituts Ember zeigt zwar einen Rekordwert von 40,9 Prozent CO₂-armer Stromproduktion – doch der Energieverbrauch explodiert parallel, getrieben durch extreme Hitzeperioden und einen wachsenden Kühlbedarf (telepolis: 14.04.25).
Solarenergie wächst – doch der Verbrauch wächst schneller
Solarenergie dominiert inzwischen den weltweiten Ausbau sauberer Stromquellen. Seit 2012 verdoppelt sich die globale Solarstromerzeugung alle drei Jahre. Kombiniert mit Windkraft, Wasserkraft und Atomenergie ergibt sich eine beachtliche Produktionsbasis. Ember-Geschäftsführer Phil MacDonald unterstreicht: „Solarenergie ist zum Motor der globalen Energiewende geworden.“ Doch gleichzeitig klettert der Stromverbrauch so rasant, dass die Effekte der Energiewende überlagert werden.

Der steigende Energiebedarf stammt längst nicht mehr nur aus industriellen Anwendungen. Künstliche Intelligenz, Rechenzentren, E-Autos und Wärmepumpen erhöhen die Nachfrage ebenfalls. Doch kein Sektor beeinflusst den globalen Stromverbrauch derzeit stärker als die Kühlung von Innenräumen.
Hitzewellen lassen Strombedarf explodieren
Im Jahr 2024 sprang die globale Stromnachfrage um vier Prozent nach oben – ein dramatischer Anstieg im Vergleich zum Vorjahr mit 2,6 Prozent. Hauptverantwortlich dafür ist der weltweite Boom bei Klimaanlagen. Die Rekordtemperaturen des letzten Jahres führten zu einem massiven Anstieg der Kühlleistung, und damit zu einem wahren Stromfresser-Effekt. Besonders dramatisch: Der zusätzliche Verbrauch übersteigt in manchen Regionen bereits den Zuwachs aus erneuerbarer Produktion.
Fossile Energiequellen mussten einspringen. Trotz wachsender Solar- und Windleistung stieg die Stromproduktion aus fossilen Quellen um 245 Terawattstunden. Das untergräbt den eigentlichen Zweck der Energiewende. Zwar produzierten saubere Quellen zusätzlich 927 TWh, doch dieser Vorsprung schmilzt im Schatten der steigenden Nachfrage dahin.
Ausbau sauberer Energiequellen reicht nicht aus
Wasserkraft bleibt mit 14 Prozent die wichtigste CO₂-arme Quelle, gefolgt von Kernenergie mit neun, Windkraft mit acht und Solarstrom mit sieben Prozent. Insgesamt erzeugen über 80 Länder mittlerweile mehr als die Hälfte ihres Stroms aus CO₂-armen Quellen – ein historischer Meilenstein. Doch das genügt nicht, um mit dem Bedarf Schritt zu halten.
In vielen Ländern frisst der Kühlbedarf den Zubau regelrecht auf. Ember warnt: Ohne Gegenmaßnahmen verpufft der Fortschritt. Zwar wächst der Anteil sauberer Energien – doch Klimaanlagen verschieben die Energiebilanz zugunsten fossiler Brennstoffe.
Investitionen in fossile Energie gelten als riskant – dennoch steigen sie
Laut Ember könnte das Wachstum sauberer Energien langfristig den Bedarf übertreffen. Doch dafür müssen Investitionen gezielt in neue Infrastrukturen und nicht mehr in fossile Kraftwerke fließen. Die Internationale Energieagentur (IEA) fordert bis Anfang der 2030er Jahre jährliche Investitionen in Höhe von 4,5 Billionen US-Dollar, um die CO₂-Emissionen nachhaltig zu senken. Auch ein vollständiger Stopp von Investitionen in fossile Förderung gilt als notwendig. Doch bislang fehlt ein Umdenken auf breiter Front.
Die Entwicklung zeigt: Der Boom bei Klimaanlagen konterkariert die Klimaziele. Selbst Länder mit einem hohen Anteil sauberer Stromproduktion greifen in Hitzewellen auf fossile Quellen zurück. Der Nettoeffekt: Die CO₂-Emissionen sinken langsamer als möglich – oder steigen erneut.
China treibt den Ausbau – USA verstärken Abhängigkeit von Gas
Ein Blick auf die größten Volkswirtschaften zeigt gegensätzliche Strategien. China lieferte 2024 mehr als die Hälfte des weltweiten Ausbaus bei Solar- und Windenergie. Gleichzeitig sichert sich das Land durch eigene Technologieproduktion die Vormachtstellung auf dem globalen Markt.
In den USA hingegen dominiert weiterhin das Erdgas. Mit 1.865 TWh erzeugte das Land mehr Gasstrom als jedes andere und war für die Hälfte des weltweiten Wachstums bei diesem Energieträger verantwortlich. Zum Vergleich: In der EU sinkt der Anteil von Erdgas an der Stromproduktion seit Jahren. 2023 lag er bei 437 TWh.
Das Beispiel USA zeigt, wie schwer der Abschied von fossilen Energien fällt – gerade dann, wenn der Verbrauch durch Kühlung, Digitalisierung und Verkehrssektor gleichzeitig ansteigt. Der Ausbau sauberer Technologien allein reicht nicht aus. Ohne Verbrauchskontrolle und Effizienzsteigerung bei Geräten wie Klimaanlagen läuft die Energiewende ins Leere.
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