In Mitteljütland kämpft Skandinaviens größte Insektenfabrik ums Überleben. Enorm Biofactory, Betreiber der Anlage, hat ein Restrukturierungsverfahren gestartet. Der Produzent von Insektenprotein auf Basis der Schwarzen Soldatenfliege findet keine Abnehmer. Die industrielle Produktion von Mehl und Öl aus Insektenlarven galt einst als zukunftsweisend – nun steht das gesamte Projekt auf der Kippe. Auch Anwohner machen Druck: Geruchsbelästigungen sorgen seit Monaten für Ärger (agrarheute: 11.05.25).
Absatzkrise trifft Insektenfabrik mit voller Wucht
Täglich könnten in der modernen Insektenfabrik bis zu 100 Tonnen Larven verarbeitet werden. Rechnerisch entspräche das 11.000 Tonnen Insektenprotein pro Jahr. Genutzt wird das Eiweiß vor allem als Futtermittel – mit dem Ziel, Soja teilweise zu ersetzen. Doch trotz hohem Produktionsvolumen bleibt die Nachfrage aus. Der Vorstandsvorsitzende Carsten Lind Pedersen macht die schwache Marktentwicklung verantwortlich. Ohne ausreichenden Umsatz fehle auch die Grundlage für Investitionen und Kreditlinien.

Enorm Biofactory hatte sich große Marktchancen ausgerechnet. Doch die Realität zeigt: Futtermittelhersteller und Tierzüchter halten sich zurück. Gründe dafür liegen sowohl im Preisgefüge als auch in logistischen Hürden. Zudem mangelt es an verlässlichen Abnahmeverträgen, was die Planbarkeit erheblich einschränkt. Ohne stabilen Absatz gerät selbst eine technisch effiziente Insektenfabrik ins Straucheln.
Investoren-Einstieg ohne Wirkung
Die Beteiligung des Agrarkonzerns DLG hatte Hoffnungen auf Stabilität geweckt. Als einer der größten Agrarhändler Europas verfügte DLG über Marktmacht und Erfahrung. Der Einstieg schien das Projekt auf ein solides Fundament zu stellen. Ende 2023 ging die Fabrik offiziell in Betrieb, begleitet von medienwirksamen Ankündigungen. Doch wirtschaftlicher Rückenwind blieb aus. Die Produktionszahlen steigen, aber der Absatz stockt weiter.
Gleichzeitig erfordert der laufende Betrieb erhebliche Mittel. Wartung, Energie, Personal – alles verursacht hohe Kosten. Ohne verlässliche Einnahmen lassen sich diese kaum dauerhaft decken. Selbst innovative Konzepte scheitern, wenn der Markt nicht mitzieht. Die Realität holt selbst ambitionierte Industrieprojekte rasch ein.
Nachbarn wehren sich gegen Gestank
Während die Wirtschaftlichkeit stockt, wächst die Kritik in der Region. Seit Monaten klagen Anwohner über massive Geruchsbelästigung. Medien berichten von zahlreichen Beschwerden, die inzwischen auch die Umweltbehörde beschäftigen. Deren Intervention hat zu Auflagen geführt, zeitweise stand sogar ein Produktionsstopp im Raum.
Die Emissionen aus der Larvenverarbeitung sorgen für Unmut. Zwar kamen technische Filteranlagen zum Einsatz, doch der Erfolg blieb begrenzt. Die Anwohner fürchten um ihre Lebensqualität – und machen ihren Protest deutlich. Der Konflikt zwischen industrieller Nutzung und regionaler Akzeptanz spitzt sich zu.
Ohne Neuausrichtung keine Perspektive
Trotz aller Hürden hält Enorm Biofactory an einer Fortführung des Betriebs fest. Gespräche mit Investoren laufen, auch strategische Neuausrichtungen werden geprüft. Eine Übernahme oder Partnerschaft gilt als denkbar. Klar ist: Ohne Umbau des Geschäftsmodells lässt sich die Fabrik kaum retten.
Das Ziel, Soja durch Insektenprotein zu ersetzen, bleibt ökologisch sinnvoll. Doch der Fall Enorm zeigt, wie schwer sich Innovationen auf dem Markt durchsetzen, wenn wirtschaftliche, technische und gesellschaftliche Herausforderungen gleichzeitig bestehen. Die Idee überzeugt auf dem Papier – in der Praxis fehlt es an Rückhalt, Kapital und Kunden.
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