Klimaneutrale Schifffahrt gilt als Ziel für das Jahr 2050. Der südkoreanische Konzern Hyundai verfolgt dabei einen neuen Ansatz: den Einsatz von Atomkraft. Die Werft HD Korea Shipbuilding & Offshore Engineering (KSOE) hat jetzt Pläne für ein Frachtschiff mit Nuklearantrieb vorgestellt (heise: 17.02.25).
Vorstellung des Projekts
Das Konzept wurde beim „New Nuclear for Maritime Houston Summit“ in Texas präsentiert. Eine grundsätzliche Genehmigung (Approval in Principle, AIP) liegt dafür bereits vor. Diese wurde vom American Bureau of Shipping (ABS) erteilt. Die Tochtergesellschaft von HD Hyundai Heavy Industries treibt die Entwicklung weiter voran.
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Bild: KI-generiert
Ein Flüssigsalzreaktor (Molten Salt Reactor, MSR) soll die Energie liefern. Thorium dient als Brennstoff, während flüssiges Salz als Kühlmittel fungiert. Experten halten diese Technologie für sicherer als herkömmliche Druck- oder Siedewasserreaktoren.
Frachtschiff mit hoher Ladekapazität
Das geplante Frachtschiff soll 15.000 Standardcontainer (Twenty-foot Equivalent Unit, TEU) transportieren können. Damit zählt es zur Klasse der Ultra Large Container Ships (ULCS), den größten Frachtern weltweit. Zum Vergleich: Die größten Schiffe dieser Klasse, etwa der MSC-Irina-Typ, befördern über 24.000 TEU.
Die Idee nuklear betriebener Schiffe ist allerdings nicht neu. HD KSOE präsentierte erste Konzepte bereits im Vorjahr. Auch China beteiligt sich an der Entwicklung: Die China State Shipbuilding Corporation (CSSC) stellte Ende 2023 ein Konzept für einen 24.000-TEU-Frachtschiff mit Atomantrieb vor.
Nuklearantrieb als Alternative
Auch Europa zeigt Interesse an der Technologie. Die norwegische Werft Ulstein stellte 2022 ein Konzept für ein Atomschiff vor. Zudem äußerte sich Rolf Habben Jansen, Chef von Hapag-Lloyd, gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zu diesem Thema.
Befürworter argumentieren mit Vorteilen für die Umwelt. Atomgetriebene Schiffe stoßen weder Kohlendioxid noch Schadstoffe wie Schwefeloxide, Stickoxide oder Feinstaub aus. Die weltweite Schifffahrt verursacht derzeit etwa 2,6 Prozent der menschengemachten Kohlendioxidemissionen. Eine Reduktion dieser Emissionen ist erforderlich, um die Klimaziele für 2050 zu erreichen.
Herausforderungen und historische Erfahrungen
Atomschiffe existieren bereits. Laut der World Nuclear Association (WNA) fahren rund 160 nuklear betriebene Schiffe auf den Weltmeeren. Die meisten gehören militärischen Flotten an, darunter Flugzeugträger und U-Boote. Zivile Atomschiffe sind rar. Bisher kamen sie vor allem als russische Atomeisbrecher oder als eisgängige Frachter zum Einsatz.
Das erste atomgetriebene Schiff war das U-Boot USS Nautilus, das 1954 in Dienst gestellt wurde. 1958 durchquerte es unter Wasser den Nordpol. In den 1960er Jahren folgten einige zivile Atomschiffe, darunter die „Otto Hahn“, die 1964 in Kiel vom Stapel lief.
Ein Erfolg blieb aus. Die hohen Kosten für Bau und Betrieb erwiesen sich als Hürde. Zudem war der Zugang zu vielen Häfen eingeschränkt. Diese Problematik könnte auch heute bestehen. Das Branchenmagazin „The Maritime Executive“ berichtete über mögliche Beschränkungen für den Suez- und den Panamakanal. Diese Engpässe zählen zu den wichtigsten Seeverbindungen weltweit.
Ob Atomkraft in der Handelsschifffahrt künftig eine Rolle spielt, hängt von wirtschaftlichen, regulatorischen und sicherheitstechnischen Faktoren ab. Klar ist jedoch, dass neue Antriebstechnologien notwendig sind, um die Klimaziele der kommenden Jahrzehnte zu erreichen.
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